Wacker Chemie, der Branchenführer in Bayern mit weltweit mehr als 16.000 Mitarbeitern, will rund 1.500 Stellen streichen. Besonders hart dürfte das den Stammsitz im oberbayerischen Burghausen treffen, wo fast jeder zweite Mitarbeiter von Wacker beschäftigt ist. Mit einem massiven Sparprogramm reagiert das Münchener Unternehmen auf hohe Verluste im laufenden Jahr.
Wacker Chemie ist der größte Arbeitgeber im sogenannten bayerischen Chemiedreieck. Fußballfans dürften vor allem den „SV Wacker Burghausen“ aus der Regionalliga Bayern kennen.
Sparprogramm soll Wacker Chemie schnell wieder profitabel machen
Angekündigt hatte Unternehmenschef Christian Hartel das Sparprogramm bereits einen Monat zuvor, als er die Jahresprognose zurücknehmen und den Ausblick senken musste. Demnach hat Wacker Chemie in den ersten drei Quartalen einen Nettoverlust von 107 Millionen Euro gemacht.
Nur einen Monat später wurden nun erste Teile des Sparprogramms vorgelegt. Insgesamt sollen die jährlichen Betriebskosten um 300 Millionen Euro reduziert werden, die Hälfte davon will Hartel beim Personal einsparen. Bis Ende 2027 soll dieser Umbauprozess abgeschlossen sein.
Das ist nach allgemeinen Maßstäben sehr kurzfristig. Es bleibt damit nur wenig Zeit, um den Turnaround zu schaffen und das Unternehmen zurück in die Gewinnzone zu bringen. Die laufenden Kosten sollen vor allem in Deutschland stark sinken, wo der Großteil des Stellenabbaus stattfinden wird. Hier waren zuletzt noch 10.700 Menschen beschäftigt.
Wacker entscheidend für Zukunft des bayerischen Chemiedreiecks
Auch wenn Wacker seinen Firmensitz vor einigen Jahren nach München verlagert hat, sind mehr als drei Viertel der deutschen Belegschaft am Standort Burghausen beschäftigt, der größten Stadt im Landkreis Altötting, wo vor mehr als 100 Jahren alles begann. Burghausen ist damit ein entscheidender Kernbestandteil des bayerischen Chemiedreiecks, auch ChemDelta Bavaria genannt.
Dazu zählen Teile der Landkreise von Altötting, Mühldorf am Inn und Traunstein, mit den wichtigsten Städten Burghausen, Burgkirchen, Trostberg und Waldkraiburg. Neben Wacker sind hier zahlreiche weitere Unternehmen der Chemie- und Pharmaindustrie angesiedelt. Die Region hat dadurch eine große Bedeutung für ganz Bayern und trägt erheblich zum Umsatz der gesamten Wirtschaft bei. Allein Wacker Chemie erwirtschaftete 2024 noch einen Umsatz von 5,7 Milliarden Euro.
Welche Produkte Wacker einzigartig und bedeutend machen
Wacker sieht sich vor allem als Marktführer bei dem Halbleiter-Rohstoff Polysilizium, einem Grundstoff für die globale Chipindustrie. Daraus werden Wafer (polykristallines Silizium) und Leiterplatten für Elektronik-Anwendungen gefertigt und in der Solarindustrie verwendet.
Daneben werden Kunststoffe (Polymere) hergestellt, die vor allem als Bindemittel und Zusätze für die Herstellung von zahlreichen Baustoffen und in der Biotechnologie verwendet werden.
Das alles sind entscheidende Grundstoffe, wie sie sich in unzähligen Produkten im Alltag wiederfinden. Aus diesem Grund machen sich eine allgemeine Konjunkturschwäche wie bei dem fehlenden Wachstum in Deutschland und die Schwierigkeiten der Exportindustrie bei Wacker sehr deutlich bemerkbar.
Welche Rolle Politik und Standortqualität in Deutschland spielen
Dazu kommt: Die allgemeine Konjunkturflaute trifft Exportbranchen wie die Automobilindustrie, die wiederum zu den wichtigsten Kunden der Chemieindustrie zählt. Zusätzlich leidet die energieintensive Branche besonders unter hohen Strom- und Gaspreisen, die in anderen Ländern wie China viel niedriger sind.
Dem Branchenverband VCI zufolge befindet sich die Chemieproduktion auf dem niedrigsten Niveau seit Jahrzehnten. Anlagen seien teilweise nur noch zu 70 Prozent ausgelastet und damit unrentabel. Laut VCI sank der Umsatz der deutschen Chemie- und Pharmaindustrie im dritten Quartal dieses Jahres im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 2,3 Prozent auf 52,1 Milliarden Euro.
Chemieindustrie fordert Reformen von der Bundesregierung
Wacker-Vorstandschef Hartel gibt der Politik daran eine Mitschuld: „Insbesondere am Standort Deutschland erweisen sich die viel zu hohen Energiepreise und bürokratische Hemmnisse weiterhin als zentraler Bremsklotz für eine erfolgreiche Entwicklung der chemischen Industrie“, lässt er mitteilen.
Rückendeckung bekommt er von Manfred Gößl: „Lauter könnten die Alarmsignale nicht sein, dass der Wirtschaftsstandort Deutschland seine Wettbewerbsfähigkeit verliert“, kommentierte der Hauptgeschäftsführer des Bayerischen Industrie- und Handelskammertags (BIHK) den Stellenabbau.

