Holt sich meine Gemeinde über die neue Grundsteuer von ihren Bürgern in der Summe mehr Geld als im Vorjahr? Oder hält sie sich an die Empfehlung des Finanzministeriums für einen aufkommensneutralen Grundsteuer-Hebesatz? In anderen Bundesländern, wie etwa Baden-Württemberg, Hessen oder Nordrhein-Westfalen, können das die Bürger in Listen oder Online-Rechnern auf den Seiten ihres Finanzministeriums nachprüfen, im Freistaat geht das nicht. Und es soll nach dem Willen von bayerischem Finanzministerium und Gemeindetag auch so bleiben. Ein Transparenzregister wird es nicht geben.
Denn in Sachen Transparenz für die Höhe der Grundsteuer-Hebesätze sieht sich das bayerische Finanzministerium nicht zuständig. Es sieht allein die Kommunen in der Pflicht.
Politisches Ziel: neue Grundsteuer soll aufkommensneutral sein
In diesen Tagen werden in Bayern die ersten Grundsteuerbescheide verschickt, die nach der Reform völlig neu berechnet wurden. Nach dem Willen der Bayerischen Staatsregierung sollen die jährlichen Grundsteuereinnahmen einer Kommune insgesamt nicht höher ausfallen, als im vergangenen Jahr. Es gilt das Ziel der sogenannten Aufkommensneutralität. Allerdings nicht für den einzelnen Wohnungsbesitzer, der kann je nach Wohnort mehr oder auch weniger bezahlen müssen.
Finanzministerium: „nicht zur allgemeinen Veröffentlichung“
Um ihr politisches Ziel „Aufkommensneutralität“ zu gewährleisten, konnten Städte und Gemeinden seit Anfang August 2024 „Informationen zur Ermittlung ihres aufkommensneutralen Hebesatzes“ beim Finanzministerium abfragen, diese seien jedoch „nicht zur allgemeinen Veröffentlichung vorgesehen“, so das Finanzministerium zum Bayerischen Rundfunk. Das Ministerium geht nun davon aus, dass die Kommunen „von sich aus transparent mit der Bestimmung der neu festzulegenden Hebesätze umgehen“. Bürger sollten jeweils vor Ort die Details selbst erfragen.
Gemeindetag: Transparenzregister „nicht zielführend“
Dass es in Bayern kein öffentliches Transparenzregister über aufkommensneutralen Hebesätze bei der Grundsteuer geben wird, ist ganz im Sinne der Städte und Gemeinden. Der Geschäftsführer des Bayerischen Gemeindetages, Hans-Peter Mayer, sieht auf BR-Nachfrage so ein Transparenzregister „nicht als zielführend“ an. Denn es würde „auch nicht zu mehr Verständnis bei den Bürgern führen“. Mit der Festsetzung der Hebesätze hätten es „sich die Gemeinde- und Stadträte nicht leicht gemacht“. Im Blick hätten sie dabei nicht nur das „Aufkommen der Grundsteuer“ gehabt, sondern auch die „Finanzsituation im Ganzen“. Mayer weist zudem darauf hin, dass der Bayerische Gemeindetag „von Anfang an der Forderung einer Aufkommensneutralität widersprochen“ habe. Mit anderen Worten: mit weiteren Hebesatzsteigerungen ist zu rechnen, weil vielerorts die Gemeindehaushalte wegen Steuerausfällen und Preissteigerungen extrem angespannt sind.
Münchner Hausbesitzerverein fordert Transparenzregister
Rudolf Stürzer, der Vorsitzende des Münchner Haus- und Grundbesitzervereins, fordert ebenfalls vehement ein Transparenzregister zur neuen Grundsteuer. Für ihn müssten die Zahlen des bayerischen Finanzministeriums „allen Bürgern offengelegt werden; auch um dem bereits häufig geäußerten Verdacht entgegenzuwirken, Städte und Gemeinden wollten mit Mehreinnahmen durch die neue Grundsteuer ihren Stadt- oder Gemeindehaushalt sanieren“. Die Stadt München habe etwa bei der Berechnung des neuen Hebesatzes einen sogenannten „Risikopuffer für fehlende oder fehlerhafte Messbescheide einkalkuliert“. Der Bürger, so Stürzer gegenüber dem BR, könne allerdings damit nicht nachvollziehen, ob und in welcher Höhe dieser Risikopuffer tatsächlich notwendig sei.
Grüne für Transparenz: „Söder-Regierung misstraut den Menschen“
Der Sprecher der Landtags-Grünen für Finanzen, Tim Pargent, fordert ein Transparenzregister wie in Hessen oder Baden-Württemberg. Aber die „Söder-Regierung“ misstraue den Menschen und behalte „die Zahlen für sich“, so Pargent. Das sei falsch, denn „wenn Kommunen ihre Steuer tatsächlich erhöhen müssen, dann kommunizieren sie das ohnehin ehrlich ihren Bürgern gegenüber“.