Es gibt die Orchidee und den Schmetterling des Jahres, das Wildtier und die Wasserpflanze des Jahres – und 2025 hat auch eine Flechte, ein Moos, eine Spinne und ein Weichtier des Jahres. Mehr als dreißig Arten des Jahres rufen Forschungs-, Naturschutz- und andere Organisationen aus. Doch was bringt so eine Jahresaktion für das auserwählte Wesen, zum Beispiel für deren Schutz oder für das Wissen um die betreffende Art?
Arten des Jahres: schön, selten, nützlich oder besonders
Schutzgebiete werden für ein Tier oder eine Pflanze des Jahres nicht eingerichtet, sagen Naturschutzverbände und wissenschaftliche Fachorganisationen auf BR-Anfrage. Die Wirkung sei eher global und diffus, erklärt der Insektenforscher Thomas Schmitt, Direktor des Deutschen Entomologischen Instituts: „Wir zeigen, wie wichtig Insekten sind, wie spannend und schön Insekten sind und deshalb natürlich auch, dass man Insekten erhalten muss.“ Die Aktion zeige jedes Jahr mit einem anderen Beispiel die Wichtigkeit und Bedeutung von Insekten. Das sei gesamtgesellschaftlich nicht zu unterschätzen.
Gerade bei Insekten ist die Auswahl besonders groß. Die Kriterien sind bei allen Themen sehr ähnlich: Schönheit, Seltenheit oder eine besondere Lebensweise können die Wahl bestimmen. Oder, wie in diesem Jahr bei den Insekten, die Nützlichkeit für Menschen, sagt Thomas Schmitt: „Die Holzwespen-Schlupfwespe ist für uns Menschen ein Nützling, weil sie die Holzwespenlarven auffrisst, die sich in Holz befinden und dieses schädigen.“
Umstrittener Baum des Jahres 2025
Die meisten Jahresaktionen widmen sich Tieren. Es gibt aber auch den Baum des Jahres. Stefan Meier ist Präsident der gleichnamigen Stiftung und sagt: „Viele Menschen, insbesondere wenn sie in der Stadt wohnen, haben den Kontakt zur Natur sehr weit verloren. Da kann die Konzentration auf ein einzelnes Naturobjekt schon hilfreich sein.“
Die Stiftung fängt bei den Kleinsten an. Es gibt schon Informationsmaterial für Waldkindergärten. Deren Dachverband ist auch in dem Kuratorium vertreten, das den Jahres-Baum auswählt. In diesem Jahr ist das die Roteiche, eine im 19. Jahrhundert aus Nordamerika importierte Art. Außerhalb des Kuratoriums gab es daran Kritik, doch Stefan Meier sagt: „Die Roteiche kann ein Angebot im Klimawandel in zukünftigen Mischwäldern sein, um stabile Wälder auch zukünftig zu erhalten und zu schaffen, weil sie Trockenheit und Hitze gut erträgt.“
Inzwischen stehen auch Arzneipflanzen, Stauden für den Garten, alte Gemüse- und Obstsorten, Algen, Flechten, Mikroorganismen und Flüsse auf der Liste der Jahresaktionen. Die Bodenkundler freuen sich über steigendes Verständnis für die wichtige Rolle der Böden, seit sie jedes Jahr einen in den Mittelpunkt stellen.
Der Wanderfalke war die erste „Art des Jahres“
Das allererste Jahreswesen war 1971 der Wanderfalke. Die Idee zu solchen Jahres-Kampagnen hatte der „Bund für Vogelschutz“, der heute Naturschutzbund Deutschland (NABU) heißt. Seit einigen Jahren entscheidet eine Internet-Abstimmung über den Vogel des Jahres. Dabei gewinnen eher bekannte Arten, wie dieses Jahr der Hausrotschwanz. Das sei aber keine Einschränkung für Naturschutz-Kampagnen, sagt Martin Rümmler vom NABU. Der Vogel des Jahres werde nun immer als Schirm-Art herangezogen, sozusagen für eine ganze Arten- und Vogelgemeinschaft. Der Hausrotschwanz werde so etwa zum Botschafter für vogelfreundliche Gärten.
2024 wurde der Kiebitz gewählt. Der Vogel mit den langen Federn am Kopf ist nicht nur eine auffällige Erscheinung, sondern auch ein Leidtragender der veränderten Landschaften. Seit den 1970er-Jahren sind seine Bestände in Deutschland um 90 Prozent zurückgegangen. Der NABU hofft, dass Arten wie der Kiebitz Menschen dazu anspornen, sich lokal in NABU-Gruppen für Verbesserungen zu engagieren.
Jahresaktionen für die Natur sorgen für Aufmerksamkeit, auch weil der NABU jedes Jahr die Liste aller Aktionen prominent im Internet publiziert. Jede dieser Arten hat Aufmerksamkeit verdient, die dann hoffentlich länger als ein Jahr anhält.