Maria, Theo und Fabian kommen fröhlich zu ihrer Vorschulstunde in der Kindertagesstätte Nörr Kids in München. Zweimal die Woche dürfen sie da auf dem Tablet Edurino spielen. Eine Lern-App für Kinder ab vier Jahren. Dieses Mal ein Spiel mit Farben: Wie mischt man Rosa aus Rot und Weiß zusammen? Welche Farben machen zusammen Orange oder Lila? Anschließend bauen alle drei Kinder eine in Stücke gebrochene Uhr wieder zusammen. Alles auf dem Tablet, mit einem ergonomischen Bildschirmstift in der Hand.
Bisher positive Erfahrungen
Zweimal 20 Minuten pro Woche steht die Vorschul-App im Kindergarten auf dem Programm. Das sei so mit den Eltern abgestimmt. Und bisher seien die Erfahrung positiv, sagt Martina Lehner, die Leiterin des Kindergartens. „Uns war wichtig, dass im Rahmen der Vorschule die Kinder gezielt an digitalen Medien herangeführt werden. Und die Kinder sich dann gegenseitig unterstützen und helfen, die Spiele zu schaffen.“
Zwei Münchner Studentinnen entwickeln Vorschul-App
Bei den Kindern am Tisch sitzt Irene Klemm. Sie hatte vor vier Jahren mit ihrer Kommilitonin Franziska Meyer die Idee zu einer Lern-Software für Vorschulkinder und noch 2021 ein Start-up gegründet. Die Nörr Kids, die mit der App arbeiten, besucht und betreut Irene Klemm regelmäßig. „Kinder lernen bei Edurino sowohl klassische Schulkompetenzen, also Lesen und Schreiben, Zahlen und Mengen, als auch Zukunftskompetenzen wie logisches Denken und Coding, Kreativität, Medienkompetenz, also alles, was wir glauben, was für die Zukunft wichtig ist“, sagt die Unternehmerin.
Von einer gutgemachten App profitieren Kinder
Bei einer guten Lern-App lösen die Kinder aktiv Aufgaben und interaktiv, also mit anderen zusammen, sagt Professor Frank Niklas. Sein Lehrstuhl für Pädagogische Psychologie und Familienforschung an der Ludwig-Maximilians-Universität arbeitet an Studien über Vorschul-Apps und zählt die Münchner App zu den guten Angeboten auf dem inzwischen riesigen Markt.
Und von einer guten Vorschul-App würden die Kinder unterm Strich profitieren, fasst Niklas seine Studienergebnisse zusammen. Kinder bis drei Jahren bräuchten nicht unbedingt Bildschirmzeiten, sagt er. „Aber ab dem Alter von vier, fünf Jahren ist es durchaus möglich, ergänzend, zeitlich beschränkt, zehn bis fünfzehn Minuten am Tag vielleicht, zusätzlich so eine Lerngelegenheit zu nutzen und da sehe ich keinen Schaden drin, sondern eher einen Vorteil.“ Kinder könnten so erste Kompetenzen beim Lesen, Schreiben und Rechnen aufbauen.
Digitale Vorschule ist kein Muss
Aber wenn sich Eltern für eine nicht digitale Vorschule entscheiden würden, wäre das genauso in Ordnung, sagt Niklas. Es gebe im Vorschulalter bei digitalen Medien weder ein „Muss“ noch ein „Darf nicht sein“.
Das Start-up Edurino ist mittlerweile ein kleines Unternehmen mit zwölf Mitarbeitern. 350.000 Kunden haben die App geladen. Kindergärten, Bibliotheken und vor allem Familien. Für die Vorschulkinder bei den Nörr Kids sind heute 20 Minuten auf dem Tablet eingestellt. Dann schläft die App ein, der Bildschirm schaltet ab. „Das ist ein Mechanismus, der von den Kindern sehr gut akzeptiert wird und beibringt, was 20 Minuten überhaupt sind und wie lange ich mich mit digitalen Medien auseinandersetzen sollte“, erklärt Irene Klemm.
Maria, Theo und Fabian akzeptieren das Ende der digitalen Vorschule ohne Murren und Knurren und stürzen sich zurück ins analoge Spieleleben des Kindergartens.