Mythen brauchen Mysterien. Insofern ist es nicht überraschend, dass Geheimdienste sowas wie Durchlauferhitzer der Fiktion sind. Das zeigt nicht nur die Flut an Spionageromanen und -filmen – das beweist auch die erstaunliche Anzahl von Geschichtenerzählern, die ihre Agententätigkeit in Romanstoff verwandelt haben. John le Carré etwa, Ian Fleming oder Graham Greene.
Dass sich ein Geheimdienst selbst am Geschichtenerzählen versucht, ist allerdings ein Phänomen eher jüngeren Datums. Vorgemacht hat es – natürlich – die CIA. „The Langley Files“ heißt der Podcast des sagenumwobenen amerikanischen Auslandsgeheimdienst. Gut zwei Jahre später zieht jetzt der Bundesnachrichtendienst nach.
Von „nie gewährten Einblicken“ und „geschlossenen Türen“
„Job Secret“ heißt also der erste offizielle Podcast des deutschen Auslandsnachrichtendiensts. Der Titel ist nicht unlustig. Und das Versprechen hat auch was. Storytelling by BND. Wahre Geschichten von echten Mitarbeitenden kündigt der Teaser an. Von „nie gewährten Einblicken“ ist die Rede, von „geschlossenen Türen“, die der Podcast öffne.
Konkret läuft das dann so: Pro Folge steht eine mehr oder weniger enigmatisch benamte Person im Fokus: „Die Islamwissenschaftlerin“ heißt es da, oder „Der Hacker“, manchmal aber auch nur „Der Experte“ oder „Der Profi“. Letzterer berichtet, wie er vor 36 Jahren vom BND angeworben wurde – als damals frisch gebackener Jurist. Einen Brief habe er bekommen. Der Absender privat. „Und dahinter verbarg sich dann, wie ich anschließend erfuhr, der Bundesnachrichtendienst.“
Storytelling ohne Stories
Daraus ließe sich schon etwas machen. Wenn man nur ein bisschen erzählen könnte. Und hier wird das Dilemma des Ganzen sichtbar: Denn genau das kann der BND nicht. Oder nur eingeschränkt. Das, nennen wir es mal, erzählerische Experiment, das der BND in bislang fünf Folgen entfaltet, könnte man auch als Storytelling ohne Stories beschreiben. Denn die sind ja geheim. Entweder bleiben die Geschichten wahnsinnig abstrakt – oder sie werden gepiept, was dem Podcast mitunter auch eine humoristische Note verleiht.
Also: Warum das alles?
Anruf bei Martin Heinemann in Berlin, seit 12 Jahren Pressesprecher des Bundesnachrichtendiensts und als solcher mitverantwortlich für die großangelegte Marketingkampagne, die das Haus seit einem knappen Jahr fährt. Auch beim BND fordert die Demografie ihren Preis, erklärt Heinemann. Die Boomer gehen in Rente. „Trotzdem müssen wir natürlich unser Nachwuchsproblem lösen. Und das machen wir, indem wir offensiv werben und nicht nur warten, bis man sich bei uns meldet.“
Eigen-PR macht der BND längst auch auf Instagram. „Komm dahinter“, balzt er dort verschwörerisch. Gelbe Schrift auf lila Grund. Könnte auch eine Jugendorganisation der Liberalen sein. Anders als die Bundeswehr mit ihrer Komm-ins-Abenteuerland-Rhetorik bespielt der BND eher die postheroische Klaviatur.