In Bayern helfen häufiger die Großeltern
Einen Erklärungsansatz für den geringeren Betreuungsbedarf in Bayern liefert die DJI-Kinderbetreuungsstudie. Umfragedaten daraus deuten darauf hin, dass in Bayern traditionellere Familienmodelle und „großfamiliäre Unterstützung“ eine größere Rolle spielen als beispielsweise in NRW.
„Wenn man die beiden Bundesländer vergleicht, zeigen die KiBS-Daten, dass in Bayern die Großeltern häufiger in den normalen Betreuungsalltag eingebunden sind als in NRW“, erläutert Theresia Kayed vom DJI. „Ebenso äußerten Eltern in Bayern häufiger, dass sie keine außerfamiliäre Betreuung nutzen, weil sie stets auf Großeltern zurückgreifen können.“
Milliarden fürs Familiengeld
Das Sozialministerium betont, der Freistaat unterstütze die für die Kinderbetreuung zuständigen Kommunen nach Kräften. Von 2008 bis 2021 seien insgesamt 1,9 Milliarden Euro für 140.588 neue Plätze für unter Sechsjährige über Sonderinvestitionsprogramme zur Verfügung gestellt worden. Zusätzlich gebe es im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs projektbezogene Zuweisungen bei Baumaßnahmen.
Den 1,9 Milliarden Euro für neue Plätze innerhalb von 13 Jahren steht eine zweieinhalbmal so große Summe für das einkommensunabhängige Familiengeld gegenüber: In nur sechs Jahren (2018 bis 2024) wurden an Eltern mehr als 4,6 Milliarden Euro überwiesen.
Hätte das Geld oder zumindest ein Teil davon nicht eher in den Kita-Ausbau investiert werden sollen? Das Sozialministerium weicht der Frage aus, verweist auf die „wichtige Richtungsentscheidung“ vom November, dass Eltern künftig deutlich weniger Familien- und Krippengeld erhalten sollen. Dafür solle „mehr Geld in das System der Kinderbetreuung“ fließen.
Grüne: „Jetzt ist die Knete weg“
Gravierende Versäumnisse beklagt die Grünen-Sozialexpertin im Landtag, Kerstin Celina. Die Staatsregierung von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) habe in Zeiten hoher Einnahmen mit der Gießkanne Milliarden übers Land ausgeschüttet. „Jetzt ist die Knete weg, 4,6 Milliarden Euro, die beim quantitativen und qualitativen Ausbau von Kita- oder Krippenplätzen fehlen. Genau da hätten wir das Geld aber dringend gebraucht.“
Von dem Geld, das der Bund den Ländern im Zuge des Gute-Kita-Gesetzes zur Verfügung gestellt habe, seien in Bayern zwei Drittel in die allgemeine Beitragssenkung geflossen „und eben nicht in mehr Qualität“, kritisiert Celina. Jetzt sei das Geld ausgegeben. „Und die Familien, die deswegen keinen zuverlässigen Betreuungsplatz hatten in den letzten Jahren, sind die Gelackmeierten.“
Personalschlüssel in der Betreuung ähnlich
Zu den Qualitätsmerkmalen in der Kinderbetreuung zählen laut dem Länderreport Frühkindliche Bildungssysteme der Bertelsmann Stiftung auch Personalschlüssel und Gruppengröße. Laut einer Zusammenstellung diverser Empfehlungen sollten Gruppen mit unter Dreijährigen etwa sechs bis zwölf Kinder umfassen. In Bayern traf das der Studie zufolge im Jahr 2023 auf 75 Prozent zu, damit lag der Freistaat knapp unter dem Bundesdurchschnitt. NRW kam auf 93 Prozent.
Dafür steht Bayern laut einem Bericht des Bundesfamilienministeriums beim wichtigen Personalschlüssel minimal besser da als Nordrhein-Westfalen: 2023 kamen im Freistaat auf eine pädagogisch tätige Person im Mittel 3,6 unter Dreijährige, in NRW 3,7. Der bundesweite Durchschnitt beträgt 4,0.
Dieser Text entstand im Rahmen einer Kooperation der landespolitischen Redaktionen von BR und WDR. Der WDR berichtet ebenfalls über das Thema (externer Link).