đŹ âDein Argumentâ greift Euren Input auf: Kommentare aus der BR24-Community sind Anlass fĂŒr diesen Beitrag. đŹ
Was bedeutet SchuldunfĂ€higkeit? Diese Fragte stellte sich erneut in den Kommentarspalten, nachdem der Bericht erschienen war, dass der mutmaĂliche Angreifer von Aschaffenburg wegen einer psychischen Erkrankung wahrscheinlich schuldunfĂ€hig ist.
âWie zu erwarten, nicht voll schuldfĂ€higâ, kommentierte zum Beispiel BR24-User âsonnenblume1â. âUnd jetzt?â In dem Fall hat noch kein Gericht entschieden.
Wann handelt jemand ohne Schuld?
Eine Person kann in Deutschland nur bestraft werden, wenn sie auch schuldhaft gehandelt hat. Nur wer fÀhig ist, das Unrecht einer Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, kann eine Strafe erhalten.
Ohne Schuld handelt jemand laut Strafgesetzbuch, wenn er bei der Tat diese Einsichts- und SteuerungsfÀhigkeit nicht hatte, weil eine krankhafte seelische Störung, eine tiefgreifende Bewusstseinsstörung, Intelligenzminderung oder eine schwere andere seelische Störung vorlag.
2023 waren in Bayern (externer Link) ĂŒber alle Straftaten hinweg von insgesamt 120.210 Abgeurteilten â also Verurteilte und Personen, gegen die andere Entscheidungen getroffen wurden â 179 Personen schuldunfĂ€hig.
DarĂŒber hinaus kann jemand vermindert schuldfĂ€hig sein: Die FĂ€higkeit des TĂ€ters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, war dann erheblich vermindert. An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt dann beispielsweise eine Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren. DarĂŒber hinaus ist ebenfalls die Unterbringung in einer Klinik möglich.
SchuldunfÀhigkeit: Keine normale Strafe
âWenn die SchuldunfĂ€higkeit feststeht, darf die Reaktion des Staates keine normale Strafe seinâ, erklĂ€rt Professorin Katrin Gierhake vom Lehrstuhl fĂŒr Strafrecht, Strafprozessrecht, Internationales Strafrecht und Rechtsphilosophie an der UniversitĂ€t Regensburg.
Paragraf 63 des Strafgesetzbuchs regelt, wann das Gericht eine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus anordnen soll. Dort heiĂt es, dass von der schuldunfĂ€higen Person infolge ihres âZustandes erhebliche rechtswidrige Tatenâ zu erwarten sind und sie deshalb fĂŒr die Allgemeinheit gefĂ€hrlich sei. Die VerhĂ€ltnismĂ€Ăigkeit muss dabei gewahrt werden. âErhebliche rechtswidrige Tatenâ sind dabei entweder solche, die Opfer seelisch oder körperlich erheblich schĂ€digen oder gefĂ€hrden. Oder solche Taten, die schweren wirtschaftlichen Schaden anrichten.
FĂŒr die Einweisung in eine Klinik muss ein Psychiater oder Gutachter feststellen, dass der TĂ€ter fĂŒr die Allgemeinheit oder sich selbst gefĂ€hrlich ist.
Die Unterbringung in einer Klinik, der sogenannte MaĂregelvollzug, wird dabei nicht als Strafe verstanden, sondern als Behandlung. So auch die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt. Dorthin kann jemand gebracht werden, der eine rechtswidrige Tat im Rausch oder im Zusammenhang mit einer Sucht begangen hat.
Unterbringungsdauer in Psychiatrie steht zunÀchst nicht fest
Nutzerin âTante.gerdaâ kommentierte kĂŒrzlich: âIch verstehe die Aufregung nicht ganz. Eigentlich ist es doch im Sinne der Bevölkerung, solche psychisch kranken Menschen möglichst lange âwegzusperrenâ. Wenn er ins GefĂ€ngnis kommt, wird seine Haftstrafe wohl deutlich kĂŒrzer ausfallen als in der Psychiatrie, da gibt da es nĂ€mlich tatsĂ€chlich lebenslĂ€nglich.â
Die Dauer einer Unterbringung steht zunĂ€chst nicht fest. Gierhake sagt: âSie richtet sich nicht nach der Schuld â das ist bei StrafunfĂ€higkeit der Unterschied zum Strafvollzug. Wenn Schuld als MaĂstab wegfĂ€llt, gilt ein anderes Prinzip â und das ist hier, solange man erwartet, dass die Person gefĂ€hrlich ist.â Es gibt ĂberprĂŒfungspflichten, ob die âGefĂ€hrlichkeitâ einer betreffenden Person fortbesteht.
Eingriff durch Freiheitsentzug
Strafvollzug oder MaĂregelvollzug: Was ist hĂ€rter? Dazu gibt es immer mal wieder MutmaĂungen. âFĂŒrMenschlichkeitâ kommentierte: Die grundsĂ€tzlich unbefristete Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus sei âeine auĂerordentlich belastende MaĂnahme, die einen besonders gravierenden Eingriff in die Rechte des Betroffenen darstelltâ. âNichts mit milder Strafe oder Ă€hnlichemâ, fĂŒhrte er aus, âim Prinzip fĂŒr alle die sicherste MaĂnahme und keine Luxus-Unterbringung des TĂ€tersâ.
âDer MaĂregelvollzug ist nicht zwingend milder als der Strafvollzugâ, sagt auch Gierhake, âweil aus Sicht der Betroffenen dieselben FreiheitseinschrĂ€nkungen bestehen könnenâ â auch wenn medizinische, therapeutische oder andere eingliedernde MaĂnahmen erfolgen.
Das Zentrum Bayern Familie und Soziales, zu denen das Amt fĂŒr MaĂregelvollzug gehört, verwies im FrĂŒhjahr 2024 auf BR24-Nachfrage ebenfalls auf den âgerichtlich angeordneten Freiheitsentzug, der fĂŒr die untergebrachten Personen selbstverstĂ€ndlich einen groĂen Eingriff darstelltâ.
In Bayern sind die Bezirke fĂŒr den MaĂregelvollzug zustĂ€ndig. Im Freistaat gibt es laut ZBFS 14 MaĂregelvollzugseinrichtungen. Dort sind insgesamt rund 3.000 Personen untergebracht, wobei nicht alle im Moment der Tat als schuldunfĂ€hig oder vermindert schuldfĂ€hig galten.