Ein Leben ohne Smartphone ist für viele Kinder und Jugendliche nicht vorstellbar. Täglich verbringen sie laut Studien mehrere Stunden vor dem Bildschirm – zu viel Zeit, finden die Bildungsminister einiger Bundesländer und wollen an Schulen die private Handynutzung stärker einschränken. Bisher regeln die Bildungseinrichtungen den Umgang mit Handys meist selbst.
Generelles Handyverbot?
Vorstöße von Baden-Württemberg und Hessen haben neue Bewegung in das Thema gebracht. Stuttgart hatte eine gesetzliche Regelung mit klaren Leitplanken für den Umgang mit Smartphones an Schulen angekündigt. Hessen gab bekannt, dass ab dem kommenden Schuljahr die private Nutzung von Handys an Schulen grundsätzlich verboten werden soll.
Wie sinnvoll ist ein generelles Handyverbot an Schulen? Darüber sprechen wir bei BR24 mit Thorsten Naab vom Deutschen Jugendinstitut. Außerdem schauen wir auf die bisherige Regelung in Bayern und schalten unsere Kollegin Eva Eichmann aus der Redaktion Landespolitik zu.
(Das Video ist oben in den Artikel eingebettet.)
Jedes Bundesland regelt Nutzung selbst
Theoretisch können sich die Länder auf gemeinsame Standards verständigen. Konkret entschieden wird wegen des Bildungsföderalismus am Ende aber immer im jeweiligen Bundesland, etwa durch Änderungen des dortigen Schulgesetzes.
„Schule ist ein sozialer Ort, an dem der Mensch im Mittelpunkt steht. Ich möchte, dass Kinder und Jugendliche auf dem Pausenhof miteinander reden, sich austauschen, sich in die Augen schauen. Deshalb gibt es in Bayern grundsätzlich ein Verbot zur privaten Handynutzung an unseren Schulen. Lediglich an weiterführenden Schulen und beruflichen Schulen können die Schulen in Eigenverantwortung darüber hinaus noch eigene Regelungen für den privaten Gebrauch treffen.“ Anna Stolz, Bayerns Kultusministerin (Freie Wähler)
Beispiel Gymnasium Würzburg: Smartphones wegschließen
Thorsten Naab vom Deutschen Jugendinstitut sagt, den „Bildungsaspekt“ schiebe man mit einem Handyverbot aus der Schule heraus und überlasse das nicht-pädagogisch qualifizierten Kräften – den Eltern oder den Freunden oder den Eltern von Freunden. Man müsse sich darum kümmern, wie man sinnvoll mit Smartphones umgeht.
An manchen Schulen wird die Handynutzung bereits stark eingeschränkt oder ganz verboten. Am Riemenschneider Gymnasium in Würzburg beispielsweise werden die Smartphones beziehungsweise Handys vor Schulbeginn in den Klassenzimmern eingesammelt. Die Geräte kommen in eine Kiste, diese wird im Pult eingeschlossen. Nach Schulschluss erhalten die Schülerinnen und Schüler ihre Handys wieder zurück.
Deutschlehrerin Annette Obrusnik hat das Projekt mit vorangetrieben. Die Lehrer hätten bemerkt, dass die Kinder immer unruhiger wurden. „Wir sind kein Vorbild als Erwachsene“, stellt sie fest. Das Handy rapple in der Hosentasche und man wolle dann wissen, was los sei. Ihr zufolge blieben Schüler drei Möglichkeiten: Sie ziehen es im laufenden Unterricht heraus, sie warten die ganze Zeit nervös auf die Pause, oder sie gehen während des Unterrichts auf die Toilette. Alle drei Möglichkeiten stören und mindern die Konzentration. Außerdem bleibe es oft nicht bei einer Nachricht.
Beispiel Mittelschule Würzburg: Handy ausgeschaltet in der Tasche
Gregor von Papp leitet die Mittelschule Zellerau in Würzburg. Hier gilt: Handys müssen ausgeschaltet sein und in der Tasche bleiben. In den allermeisten Fällen funktioniert das – es gibt aber Ausnahmen. Dass sich jemand nicht an die Regel halte, führe regelmäßig zu Konflikten, sagt er. Daher werde an der Mittelschule gerade überlegt, ob eine neue Regelung gefunden werden muss. Auch hier ist im Gespräch, ob die Handys besser vor Schulbeginn weggeschlossen und nach der letzten Stunde zurückgegeben werden sollen.
Einheitliche Vorgaben gewünscht
Laut Annette Obrusnik vom Würzburger Gymnasium unterstützen ihre Kolleginnen und Kollegen und auch die Eltern die Regelung. Sie würde sich auch eine einheitliche Vorgabe vom Kultusministerium wünschen, denn die gibt es bislang nicht. Simone Fleischmann, die Präsidentin des Bayerischen Lehreinnen- und Lehrerverbandes (BLLV) sieht das anders: Sie findet es gut, dass jede Schule selbst entscheiden kann. „Deswegen sind wir der Meinung: Das ist richtig. Ich muss schauen: Was brauchen meine Kinder? Das soll ich am besten mit den Eltern aushandeln, den Lehrerinnen und Lehrern und den Schülerinnen und Schülern.“