Die Pressesprecherin des Weißen Hauses, Karoline Leavitt, hatte eine scheinbar ganz einfache Erklärung dafür, warum Trump für Einfuhren aus Russland keine höheren Zölle verhängte: „Es gibt keinen nennenswerten Handel.“
Allerdings geht es dabei immer noch um jährlich 3,27 Milliarden US-Dollar (2024), wie das Nachrichtenportal AXIOS bemerkte (externer Link). Der US-Handel mit Mauritius oder Brunei sei geringer, von abgelegenen Inseln wie Spitzbergen ganz abgesehen, die sich durchaus auf der Zoll-Liste finden, die Trump präsentierte.
„Demonstration des guten Willens“
Kein Wunder, dass sich der kremlkritische russische Politologe Wladislaw Inosemtsew fragte (externer Link) : „Handelt es sich bei diesem ‚Gnadenerweis‘ um eine weitere (und vielleicht letzte) Demonstration des guten Willens gegenüber Moskau, in der Hoffnung auf eine friedliche Lösung der Ukraine-Krise?“ Der Kommentator kann sich sogar vorstellen, dass Russland vom weltweiten „Zollkrieg“ erheblich profitiert.
Weil Exporte in die USA deutlich kostspieliger würden, könne mancher Lieferant versucht sein, seine Waren ersatzweise in Russland loszuwerden. Inosemtsew spricht von einer möglichen „Importdeflation“, also nachgebenden Preisen für (trotz der Sanktionen) eingeführte Waren.
„Wohin wird Vietnam liefern?“
Auch Politologe Georgi Bovt kann sich vorstellen (externer Link), dass Putin der lachende Dritte werden könnte: „Wohin wird Vietnam, das im Handel mit den USA einen riesigen Überschuss aufweist, all die Elektronik, Haushaltsgeräte und Chips liefern? Natürlich könnten sie ‚aus Rache‘ nach Russland gehen.“ Allerdings sei Russland ein vergleichsweise unerheblicher Markt.
Beobachter Anatoli Nesmijan (externer Link) sieht den Spielraum des Weißen Hauses gegenüber Putin stark eingeschränkt: „Trump verfügt schlicht und ergreifend über zu wenige Instrumente, um Druck auf Russland auszuüben, außer offener Gewalt, aber er hat nicht die geringste Absicht, diese auch einzusetzen.“
Propagandist Sergei Markow jubelte, Trump nehme es mit den „Globalisten“ auf, die in Russland als Feindbild herhalten müssen. Blogger Oleg Zarow (369.000 Fans) schimpfte, wenn die USA die Welthandelsorganisation WTO mit Füßen träten, sei es „unerklärlich“, warum Moskau noch Beiträge zahle.
„Für Russland Krieg anderer Leute“
Politologe Dmitri Michailitschenko behauptete (externer Link), auf Zollkriege seien in der Geschichte oft militärische Auseinandersetzungen gefolgt: „Für Russland ist das derzeit noch der Krieg anderer Leute. Auch der Zollkrieg Napoleon Bonapartes mit Großbritannien [„Kontinentalsperre“] war für Russland zunächst unerheblich, doch der russische Adel wollte mit Großbritannien weiter Handel treiben, was zum Vaterländischen Krieg von 1812 führte.“