Es ist geschafft. Für rund 58.000 Jugendliche in Bayern endet in diesen Tagen die Schulzeit an der Mittelschule mit dem qualifizierenden Abschluss, kurz: dem „Quali“. Am Dienstag werden die Noten bekanntgegeben. Lange galt er als wenig angesehen. Doch das Bild ändert sich – nicht nur in den Köpfen der Jugendlichen, sondern auch in den Betrieben.
Ausbildung, Fachoberschule – oder beides
„Danach würde ich auf die FOS gehen, um mein Abitur zu machen, und dann kann ich studieren“, erzählt die Schülerin Sara an der Mittelschule Neutraubling im Landkreis Regensburg. Auch ihre Freundin Abrar hat bereits konkrete Pläne und möchte später mal etwas mit Medizin machen. Die 15-jährige Altuna allerdings hat schon einen Ausbildungsplatz zur Steuerfachangestellten. Die drei gehören zu den rund 170 Jugendlichen, die an der Mittelschule Neutraubling dieses Jahr ihren „Quali“ gemacht haben. Rund ein Drittel von ihnen will an eine weiterführende Schule, viele auf die Fachoberschule. Die Mehrheit aber startet direkt mit einer Ausbildung.
„Nicht nur Noten – auch Softskills zählen“
„Von unseren 120 Regelschülern gehen etwa 70 direkt in eine berufliche Ausbildung. 40 machen weiter mit der Schule“, sagt Rektor Herbert Münch. Für ihn hat sich der Ruf der Mittelschule in den letzten Jahren verändert, auch wegen des Fachkräftemangels: Alle Firmen brauchen junge Menschen. Es gehe nicht nur um Noten – sondern auch um Softskills: Zuverlässigkeit, sich durchkämpfen können, sozial stark sein, so Münch im Interview mit BR24.
Schulabschluss mit Praxisbezug
Mit der Umstellung von Haupt- auf Mittelschule wurde der Lehrplan in den letzten Jahren praxisnäher. Berufsorientierung, Bewerbungstraining, Praktika: Das alles ist fester Bestandteil des Unterrichts. Von der Wirtschaft wird das honoriert, wenn auch mit Wunsch nach noch mehr handwerklichem Fokus. Hubert Schöffmann von der IHK für München und Oberbayern sagt: „Wir wünschen uns mehr Mathematik-Kompetenz in der Mittelschule, für die handwerkliche Ausbildung ist das wichtig. Und mehr Orientierung auf die duale Ausbildung statt auf den akademischen Weg.“
Beliebteste Ausbildungsberufe
Aktuell besuchen rund 207.000 Jugendliche eine Mittelschule in Bayern. Der „Quali“, gilt dabei längst nicht mehr als Endstation, sondern als Sprungbrett: Ob direkt in die Ausbildung, weiter zur FOS, oder später sogar zur Uni. Dieter Vierlbeck vom Bayerischen Handwerkstag erklärt, welcher Ausbildungsberuf zurzeit der Beliebteste im Handwerk ist: „Kraftfahrzeugmechatroniker zum Beispiel ist weiterhin der beliebteste Ausbildungsberuf – viele starten mit dem Mittelschulabschluss.“
Jeder fünfte Ausbildungsvertrag geht an Mittelschüler
Für Schülerin Abrar ist der Prüfungsmarathon erst einmal vorbei: „Wir hatten viel Stress, Druck und alles. Aber ich hab’s durchgezogen.“ Und genau das wird auch von den Betrieben geschätzt: Durchhaltevermögen, Motivation und Zielstrebigkeit, Fähigkeiten, die im heutigen Berufsleben oft mehr zählen als die perfekte Note, heißt es von Seiten der Industrie- und Handelskammer (IHK). Sie zählt daher auf Jugendliche mit Quali. Allein jeder fünfte neue Ausbildungsvertrag in Bayern gehe an Mittelschüler, sagt Hubert Schöffman von der IHK. „Für die bayerische Wirtschaft sind die Jugendlichen mit Quali-Abschluss eine ganz wichtige und verlässliche Säule.“
Mittelschule und Fachkräftemangel?
Das bayerische Kultusministerium betrachtet den „Quali“ ebenfalls als wichtigen Bestandteil der beruflichen und akademischen Bildungslandschaft. Besonders im Hinblick auf die duale Ausbildung und den Fachkräftemangel komme dem Abschluss eine zentrale Bedeutung zu. In Bayern seien Mittelschulen ein unverzichtbarer Baustein des differenzierten Schulsystems, heißt es von Seiten des Kultusministeriums.