Videoüberwachung ist ein so heikles wie umstrittenes Thema. Manchen Menschen glauben, die Kameras könnten Verbrecher verhindern. Andere fühlen sich schlicht kontrolliert oder ausspioniert. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann setzt auf Sicherheit und hat sich deshalb in einem Nachtragshaushalt 3,8 Millionen Euro zusichern lassen, um damit die Videoüberwachung in Bayern auszubauen. Ein Teil dieser Summe ist nun dafür verwendet worden, um die Polizei in München mit drei mobilen Videotürmen auszustatten. Kostenpunkt: 70.000 Euro, pro Stück.
Drei Kameras auf sechs Metern Höhe
Sie sehen ein wenig wie Laternenmasten aus. Oben hängen aber keine Strahler, sondern drei Kameras, die die Umgebung genau im Auge behalten. Zwei Zoom-Kameras sind rundum schwenkbar. Die dritte Kamera überwacht den Videoturm und löst einen Alarm aus, wenn jemand der Anlage zu nahe kommt – ein Schutz vor Vandalismus. Der Turm kann bis auf sechs Meter ausgefahren werden. Das wirklich Neue: die Hightech-Überwachungseinrichtungen lassen sich abbauen und an einen anderen Ort bringen.
Abbau geht schnell – Aufbau dauert ein paar Tage
Den Turm abzubauen dauert nur ein paar Stunden. Bis an einem anderen Platz alles wieder steht, können allerdings drei Tage vergehen, wie der Leiter der Pressestelle der Münchner Polizei, Thomas Schelshorn, erklärt. Die Kameras müssen nämlich genau ausgerichtet werden, sodass keine Fenster von Wohnhäusern miterfasst werden. Außerdem müssen in der Umgebung Schilder aufgehängt werden, die auf die Überwachung hinweisen. Nur so kann man dem Datenschutz gerecht werden.
Momentan steht eine der drei Kameras in München am Stachus. Die beiden anderen wurden nur wenige hundert Meter weiter aufgestellt, am Alten Botanischen Garten. Der gilt seit längerem als Drogenumschlagplatz und gefährlicher Hotspot. 2024 gab es dort einen Streit mit Todesfolge. Sollte sich die Lage dort künftig beruhigen und es an einer anderen Stelle vermehrt zu Übergriffen kommen, dann ließen sich die Kameras dorthin umziehen, so die Idee.
Aufnahmen werden nicht mit KI ausgewertet
Was die Kameras filmen, wird live an zwei Orte gestreamt: in die Einsatzzentrale München, wo die Noteinsätze koordiniert werden und in die für den Aufstellort zuständige Polizeiinspektion. An beiden Stellen können die Bilder verfolgt und nachträglich ausgewertet werden. Die Beamten haben darauf 21 Tage lang Zugriff, bevor laut dem Polizeisprecher alles gelöscht wird. KI kommt bei der Auswertung nicht zum Einsatz. Das System kann also nicht von allein Alarm schlagen, wenn etwa am Stachus etwas Ungewöhnliches passiert. Es muss ein Beamter zufällig gerade im richtigen Moment auf den Bildschirm schauen.
Welchen Nutzen bringen die Videotürme?
Die Polizei muss auf Vorfälle hingewiesen werden, etwa durch einen Notruf. Sie kann anhand der Aufnahmen laut Thomas Schelshorn dann aber besser und schneller reagieren. Der Pressesprecher berichtet davon, wie eine Frau im Alten Botanischen Garten von einem Mann belästigt wurde. Die Kameras filmten ihn dabei, wie er nach der Tat seine Kleidung wechselte. So konnte der Mann nur kurze Zeit später gefunden und festgenommen werden.
Denkbar ist auch, Gesichter aus den Videoaufnahmen durch Datenbanken zu schicken, um die Personalien festzustellen. Der Hauptgrund für die neuen Kameras ist aber weniger die Aufklärung von Verbrechen: Die Menschen sollen sich in München vor allem sicher fühlen. Auch andere Städte können sich die neuen Kameratürme anschaffen. Die knapp vier Millionen, die der Innenminister für die Kameraüberwachung bekommen hat, sind nicht nur für München gedacht.