Die Weltkarriere begann mit einem Schnitt
1975 gründete der ehemalige Schaufensterdekorateur und Herrenschneider für Nino Cerutti sein eigenes Unternehmen, das er nach dem Tod seines Partners Sergio Galeotti als Designer und Manager in einer Hand weiterführte. Armani erfand den Herrenanzug neu. Schnitt das Futter raus und tilgte auch sonst alles Steife, was aus dem Anzug eine Rüstung machte: Schulterpolster, Knopfleisten, Kragen, darunter trug man T-Shirt und verströmte den Sexappeal von Richard Gere, der sich in „American Gigolo“ aus einem Schrank voller Armani-Anzüge bediente.
Für die Frauen verwandelte Armani diesen Stil in weiche Eleganz, stattete sie mit Hosen und Jacken aus, in denen sie sich wie in einer zweiten Haut bewegen konnten, mit „disinvoltura“, erzählte er dem Hollywood-Regisseur Martin Scorsese, also in zwangloser Lässigkeit und zugleich auf Augenhöhe in der Arbeitswelt einer Leistungsgesellschaft. Eine Mode der Gleichberechtigung.
Weltmarke mit diskretem Glamour
Über Jahrzehnte blieb Armani sich treu – und seinem Unternehmen, das er bis heute nicht an der Börse notiert oder an einen Luxuskonzern verkauft hat. Wo andere, jüngere Modedesigner in ein Burnout oder wenigstens in Verzweiflung geraten sind, ließ Giorgio Armani – gletscherblaue Augen und Silberhaar – seinen tiefengebräunten, aber diskreten Glamour glitzern, als geschehe das Entwerfen einer Weltmarke wie nebenbei, von seinem Zweit- oder Fünft-Domizil auf der Mittelmeerinsel Pantelleria oder von seiner Luxusyacht aus.
Das Imperium hat sich ausgeweitet wie eine Duftwolke: neben den Modelinien Kostüme für Theater, Opern und Hollywood, Uniformen für Fluglinien und Fußballvereine, Luxushotels in Dubai und Milano, durchdesignt vom Duschkopf bis zur Teppichfluse, vom Praliné bis zum Blumenarrangement. Spartanisch ist das nicht mehr – und auch nicht revolutionär. Doch die Mode ist ohnehin kein Metier für Altersvisionen. Eines zeigt Armanis Welt auf jeden Fall, auch als mit BungaBungaBerlusconi eine Welle der Vulgarität über Italien zog: Schönheit bedeutet auch Widerstand.