„Moskau schafft es, die derzeitige Hauptaufgabe zu lösen – den Sturm und Drang von Trump auszubremsen. Washington setzt auf Dynamik, der Kreml verlangsamt alles, ohne sich dabei direkt zu verweigern“, so der St. Petersburger Politologe Michail Winogradow (externer Link) zum jüngsten, zweieinhalbstündigen Telefonat zwischen Trump und Putin, bei dem es noch keinen „Durchbruch“ zu einem umfassenden Waffenstillstand gab: „Darin liegt die Stärke Moskaus. Bisher funktioniert es. Die Schwachstelle des Kremls besteht darin, dass alle bereits ein wenig ermüdet sind.“
Aus der Sicht des Politologen Wladislaw Inosemtsew, der sich in der in Amsterdam erscheinenden „Moscow Times“ äußert, hat der Westen bereits verloren (externer Link): „Putins Plan, der darauf abzielte, die Fähigkeit der westlichen Welt zu untergraben, die globale Tagesordnung wirksam festzulegen und vorhersehbar und einheitlich zu handeln, hat im Großen und Ganzen funktioniert. Ich glaube nicht, dass das nur und ausschließlich Donald Trump zu verdanken ist – nein, Selbstzweifel sind seit den ersten Kriegstagen charakteristisch für den Westen.“ Insofern sei der Ukraine-Krieg ein „Wendepunkt“: Seit 500 Jahren präge der Westen die weltweiten Angelegenheiten, das sei jetzt vorbei. Offenbar räume er anderen Mächten jetzt „Veto-Rechte“ ein.
„Richtig und vorteilhaft für Russland“
Auch Polit-Blogger Andrei Nikulin (externer Link) ist wenig zuversichtlich: „Insgesamt hat man das Gefühl, dass der Kreml Trump schrittweise in einen Dialog verwickeln will, um eine gemeinsame Zusammenarbeit mit der Aufteilung von Einflusssphären ins Auge zu fassen, was dem ersehnten ’neuen Jalta‘ entsprechen würde [der Wiederauflage der Konferenz vom Februar 1945, bei dem die Alliierten die Aufteilung Deutschlands beschlossen].“
Beobachter Andrei Kalitin scherzte mit Verweis auf die Schlacht von Waterloo (externer Link) im Juni 1815, bei der Napoleon endgültig besiegt wurde, auf dem Schlachtfeld lasse sich ein Krieg offenbar in zweieinhalb Stunden beenden, am Telefon offenkundig nicht: „Vor allem, wenn keiner die Absicht dazu hat.“
Michail Rostowski, der Chefkolumnist der auflagenstarken „Moskowski Komsomolez“, bilanziert ungeachtet der bisher mageren Verhandlungs-Ergebnisse geradezu frohgemut (externer Link): „Die Ereignisse entwickeln sich weiterhin in die richtige Richtung – richtig und vorteilhaft für Russland.“ Kiew und Europa hätten bei den „großen Jungs“ Trump und Putin nichts mehr zu melden, und der Kreml sei trotz seiner grundsätzlich „positiven Haltung“ nicht bereit, in wirklich wichtigen Angelegenheiten irgendwelche Zugeständnisse zu machen.