Das Filmplakat sagt eigentlich schon alles. Darauf zu sehen: Ein zerbeulter Opel Admiral, die Stoßstange hängt schief herunter, aus dem Kofferraum qualmt es. Auf dem Kühler sitzt im gelben Blazer, die Beine übereinander geschlagen, Luise Kinseher. Neben ihr stehend, ein paar Stangen Dynamit in der Hand und ein schiefes Lächeln auf den Lippen, Sigi Zimmerschied. Darüber der Filmtitel „Karli & Marie“, und dazu die Worte: „Roadtrip auf Bayrisch“.
Doch die gemeinsame Reise, die Karli und Marie unternehmen, ist keine Urlaubs- oder gar Vergnügungsfahrt. Eher eine Flucht nach vorne aus Verzweiflung. Dass sie sich am Ende dennoch als großes Glück erweist, kommt für die Titelhelden überraschend. Fürs Kinopublikum eher nicht. Alles an Abenteuer und Aberwitz, was die Geschichte zu bieten hat, passiert sozusagen mit Ansage. Also so, wie es altbekannte Drehbuchmuster vorsehen, grad‘ so, als wären sie Naturgesetze.
Das Motto: die Dinge selbst in die Hand nehmen
Karli ist Geldautomaten-Knacker und hantiert gerade vor einer Bank mit einem Sprengsatz, doch bevor er ihn zünden kann, kracht’s aus anderen Gründen: Marie, schwer angeschickert, kurvt im Opel um die Ecke, fährt dabei beinah Karli über den Haufen und ihre Karre an die Wand.
Ein gesteigertes Bedürfnis, die Polizei zur Unfallstelle zu rufen, hat aus nachvollziehbaren Gründen keiner der beiden. „Des regeln wir unter uns, ja? Da brauchma keine Obrigkeit dazu!“: Das ist fortan quasi das Motto: die Dinge selbst in die Hand zu nehmen. Marie, ehemalige Schönheitskönigin von Mingkofen, ist Erbin eines Betonwerks, das kurz vor der Pleite steht. Einzige Hoffnung: mit dem letzten Geld, das noch da ist, nach Innsbruck zu fahren, um dort einen Beamten von der zuständigen Baubehörde zu bestechen.
Auf dieser Mission kommt Marie der Karli gerade recht, behauptet der doch von sich, früher mal Elitesoldat gewesen zu sein und als solcher selbst in aussichtslosester Lage noch einen Ausweg gefunden zu haben. Spitzname: der Regulator.
Balance zwischen knalliger Komik und lakonischem Dialogwitz
Dass der irrwitzige Plan trotzdem nicht aufgeht, liegt allein schon daran, dass ein Benzinleck in Maries Opel und Karlis Sprengstoff im Kofferraum eine explosive Mischung ergeben – Auto und Bestechungsgeld gehen in Flammen auf. Die Pointen in diesem Film dagegen zünden nur selten. Obwohl mit Christian Lerch – einst Co-Drehbuchautor von Marcus H. Rosenmüllers „Wer früher stirbt ist länger tot“ – ein Spezialist fürs Bayerisch-Bizarre als Regisseur engagiert worden ist, der sich alle Mühe gibt, die Balance zwischen knalliger Komik und lakonischem Dialogwitz zu halten. An Lerch jedenfalls liegt es ebenso wenig wie am Titelpaar, dass der Film nur bedingt überzeugt. Kinsehers Marie stolziert mit der leicht lädierten Anmut eines gerupften Wiedehopf-Weibchens durch den Film. Zimmerschied als backenbärtiger Karli erinnert an einen alten Dachs, schlau und verschlagen, zugleich liebenswert und lebensweise.
Sätze aus dem Sinnspruchkalender
Karli und Marie mogeln sich auch ohne Auto und Geld durch an ihr Ziel; mopsen in einer Boutique ein schickes rotes Kleid für Maries Termin bei der Baubehörde, stibitzen Abendessen beim Edelitaliener. Zwei verkrachte Existenzen. Eigentlich das klassische odd couple, das so odd, also ungleich, aber nun auch wieder nicht ist, sondern ganz offensichtlich – ja ZU offensichtlich füreinander geschaffen. Und diese Absehbarkeit ist nicht einmal die Hauptschwäche von „Karli & Marie“. Was schwerer wiegt: Man merkt dem Drehbuch von Uli Limmer zu sehr an, dass der Dialogwitz im Philosophischen gründeln will.
Das klingt dann so: „Niemand muss besser sei, als er is.“ „Aber da is scho wichtig, dass ma sich selber gut kennt. Und net überfordert.“ Karli und Marie unterhalten sich zeitweilig so, als hätten sie vorher intensiv einen Sinnspruchkalender studiert. Immerhin: Zimmerschied und Kinseher gelingt es, den arg gewollten Tiefsinn halbwegs natürlich erscheinen zu lassen. Gern würde man die beiden wieder auf der Leinwand erleben. Nur halt in einem Film mit subtilerem Skript.