Zumindest 1996 scheint Donald Trump noch sehr bescheiden gewesen zu sein. Die russische Veranstalterin und Produzentin Nadeschda Solowjowa erinnerte sich an ein Tina-Turner-Konzert im Kreml. Damals sei Trump zufällig in Moskau gewesen und habe als leidenschaftlicher Fan der Sängerin das Event auf gar keinen Fall verpassen wollen. Weil das Konzert jedoch ausverkauft gewesen sei, habe sich Trump schließlich einfach neben sie auf die Treppenstufen des Kremlsaals gesetzt, so Solowjowa. Nach Ende der Show hätten sie gemeinsam mit der schwer erkälteten Tina Turner bis sechs Uhr morgens Wodka getrunken.
„Aus heutiger Sicht zutiefst symbolisch“
Offenbar sei Trump seinerzeit höchst „anspruchslos“ gewesen, so Polit-Blogger Dmitri Sewrjukow (55.000 Fans): „Solche Anekdoten über Trumps Verhaltensweise im russischen Alltag der neunziger Jahre charakterisieren ihn als unprätentiösen Menschen, der bereit war, Unannehmlichkeiten in Kauf zu nehmen, um ein Ziel zu erreichen. Natürlich erscheint das Bild, wie er bescheiden auf den Stufen des Kremlsaals sitzt, aus heutiger Sicht zutiefst symbolisch. Es deutet darauf hin, dass es möglich wäre, sich mit so einer Persönlichkeit zum kleinen Preis über weitaus wichtigere Dinge als Konzertkarten zu einigen.“
Allerdings verzichte Trump inzwischen konsequent auf Alkohol, bedauerte Sewrjukow, was die Sache erschwere. Seit der US-Präsident erklärtermaßen mit Putin telefonierte, kennen die russischen Propagandisten kein Halten mehr: „Trump sieht Putin als einen großen Politiker unserer Zeit. Und Trump will sein wie Putin, ebenfalls ein großer Politiker“, so der notorische Kreml-Lobredner Sergei Markow euphorisch. Die „Dämonisierung“ Putins sei ebenso wie dessen Isolation überwunden.
Die Begeisterung ist so groß, dass Exil-Bloggerin Tatjana Stanowaja warnte: „Derzeit sind viele Emotionen im Spiel und alles sieht so aus, als ob Putin alle besiegt hätte und die Tage der Ukraine gezählt seien. Es besteht kein Grund, diesem Gefühlsüberschwang nachzugeben.“
„Wiederholung sowjetischer Vorgehensweise“
In jüngster Zeit seien die russischen Eliten und die Bevölkerung dermaßen „hoffnungsvoll“, warnte der kremlkritische Politologe Andrei Nikulin, dass „ein Scheitern oder die Sinnlosigkeit des bevorstehenden Treffens [von Trump und Putin] mit schwerer Enttäuschung und einem Anfall kollektiver Depression verbunden“ wäre: „Das Problem ist: Wird uns Frieden oder ein Waffenstillstand versprochen, also eine Atempause vor weiterem Blutvergießen?“
Selbst, wenn der Kreml triumphiere und mit Trumps Segen größere Territorien annektieren dürfe, sei die Lage wenig ermutigend: „Das wäre nur eine Wiederholung der zaristischen und der sowjetischen Vorgehensweise. Was trotz aller militärischen und diplomatischen Macht des Landes schmählich endete – und zwar vorhersehbar.“
„Gefährliche Wahnvorstellung“
Es sei unwahrscheinlich, dass die allgemeine Euphorie irgendeine reale Grundlage habe. Putins Kampf „um eine neue Weltordnung“ sei gegenwärtig „äußerst weit von den Zielen Russlands entfernt“, hieß es: “ Während der amerikanische Präsident noch der Illusion seiner Allmacht erliegt, werden die harten Realitäten der Weltpolitik schnell alle Beteiligten in ihre Schranken verweisen.“