„Digitalpolitik ist Machtpolitik“, steht im Koalitionsvertrag von Union und SPD. Fünf der 144 Seiten sind explizit in einem eigenen Kapitel der Digitalisierung gewidmet. Darüber hinaus spielt das Thema auch in anderen Kapiteln immer wieder eine Rolle.
Die wichtigste Neuerung: Die Schaffung eines Ministeriums für Digitales und Staatsmodernisierung, das von der CDU geführt werden soll. In der Ampel-Regierung war das Digital-Ressort noch Teil des Verkehrsministeriums gewesen.
Bitkom wertet neues Ministerium als Erfolg
Beim Branchenverband Bitkom ist die Neuerung umgehend als Erfolg gewertet worden [externer Link]. Das sei „ein Meilenstein für Deutschland und das lange erwartete Aufbruchssignal der neuen Bundesregierung“. Allerdings mahnt Bitkom an, jetzt schnell zu klären, welche Befugnisse und Zuständigkeiten das neue Ministerium bekommt. Dazu enthalte der Koalitionsvertrag keine Details.
Verwaltung soll digital und unkompliziert werden
Die Koalition verspricht, Verwaltungsprozesse an den Lebenslagen zu orientieren. Die Bürger müssen nicht mehr dem Staat hinterherlaufen, um ihre Ansprüche geltend zu machen. Der Koalitionsvertrag nennt ein konkretes Beispiel: „Etwa nach der Geburt eines Kindes sollen Eltern automatisch einen Kindergeldbescheid erhalten.“ Auch für Unternehmen soll es einfacher werden: Gründungen wolle man innerhalb von 24 Stunden möglich machen, so das Versprechen.
Mehr Datenzentren für Deutschland
In den letzten Monaten ist noch einmal deutlich geworden, wie schlecht Deutschland beim Thema Cloud aufgestellt ist. Die großen Player sind hier Microsoft, Amazon und Google, die mit ihren riesigen Datenzentren auch große Teile der deutschen Wirtschaft und auch der Verwaltung versorgen.
Allerdings kann man sich bei einer US-Regierung von Präsident Donald Trump nicht mehr wirklich sicher sein, ob diese Dienste in Zukunft zuverlässig zur Verfügung stehen. Dem scheint die neue Koalition Rechnung tragen zu wollen. Wörtlich heißt es: „Wir beschleunigen den Auf- und Ausbau von Rechenzentren, insbesondere auch in Ostdeutschland.“
Digitalisierung des Himmels
Auch bei der Internet-Versorgung via Satelliten spielen US-Firmen wie SpaceX von Elon Musk eine zentrale Rolle. Diese Abhängigkeit soll ebenfalls reduziert werden. Die neue Koalition will die hiesige Raumfahrtindustrie stärken. Man möchte ein europäisches Satellitennetz aufbauen. Ziel dabei: mehr Sicherheit für Kommunikation und Internet in Krisensituationen.
Im Koalitionsvertrag heißt es zudem, man wolle die europäische U-Space-Verordnung zügig umsetzen. Darin wird der Flugverkehr von Drohnen geregelt. Das soll in nicht allzu ferner Zukunft automatisierte Drohnenflüge – etwa für Flug-Lieferdienste oder Lufttaxis – ermöglichen.
Netze: Glasfaser anstatt Kupfer
Die neue Bundesregierung will die sogenannte Gigabitgesellschaft weiter vorantreiben. Das heißt: Datenübertragung soll insbesondere durch flächendeckende Glasfasernetze bis in die Haushalte deutlich schneller werden. Dafür werden noch einmal staatliche Gelder fließen. Außerdem soll ein extra „Beschleunigungsgesetz“ für schnelleren Ausbau der Datennetze sorgen. Kupferkabel sollen durch Glasfaser ersetzt werden. Von TV-Kabeln, die oft auch noch als Gigabit-Leitungen gesehen werden, ist im Koalitionsvertrag keine Rede.
Als eines der Probleme beim Glasfaserausbau in Deutschland wird gesehen, dass es oft zu Doppelausbau kommt [externer Link]. Das heißt, in manchen Gemeinden verlegen mehrere Unternehmen ihre jeweils eigenen Glasfaser-Kabel. Straßen werden dabei mancherorts mehrmals aufgerissen, während in anderen Gemeinden gar nicht ausgebaut wird. Dieses Problem wird im Koalitionsvertrag nicht aufgegriffen.
Datenschutz wird zentralisiert
In Deutschland hat jedes Bundesland seine eigene Datenschutzaufsicht. Bayern hat sogar zwei Behörden: Eine kümmert sich um den Datenschutz in Unternehmen, eine beaufsichtigt die staatliche Verwaltung. Die neue Bundesregierung will die Kompetenzen nun beim Bundesdatenschutzbeauftragten [externer Link] bündeln – das Bonner Amt führt derzeit Louisa Specht-Riemenschneider.
Der bayerische Landesbeauftragte für den Datenschutz, Thomas Petri, sieht dieses Vorhaben eher kritisch. Petri sagte im Interview mit BR24: „Es ist kein Allheilmittel, alles zu zentralisieren.“ Eine ortsnahe Beratung werde dadurch verschwinden. Ein Münchner Bürger etwa könne mit seinen Problemen bisher zu ihm in die Geschäftsstelle kommen, so Petri. Der Weg nach Bonn sei dagegen ziemlich weit.
KI als Rechtsanwalt?
Ein wichtiges Ziel der neuen Regierung soll sein, die Justiz besser aufzustellen. Die Zeiten, bis ein Rechtsstreit entschieden wird, müssen verkürzt werden. Symptomatisches Problem: Prozessakten werden oft noch auf Papier ausgedruckt und abgeheftet. Das soll bald der Vergangenheit angehören. Über eine sogenannte Bundesjustiz-Cloud sollen Behörden Dokumente sicher digital an die Gerichte schicken können.
Auch die Unterbesetzung von Gerichten ist ein großes Problem. Die neue Regierung will deshalb den Einsatz von KI in der Justiz ermöglichen. Wie weit das gehen soll, dazu gibt es allerdings bisher keine Angaben.