Stromerzeugung und Landwirtschaft auf einer Fläche – das ist Agri-PV. Zum Beispiel in Form von besonders hoch aufgeständerten Modulen, sodass man darunter mit dem Mähdrescher fahren oder Obst anbauen kann. Oder die PV-Module sind in einer Reihe angeordnet und zwischen den Reihen findet Ackerbau statt oder es weiden zum Beispiel Rinder. Diese Doppelnutzung kommt bei der Bevölkerung und den Bauern gut an. Doch der Bau von Agri-PV-Anlagen ist teurer als der Bau von herkömmlichen Freiflächen-Anlagen, bei denen die Module dicht beieinanderstehen.
Erstes Halbjahr 2025: Nur Gras, kein Strom
Die PV-Module auf der Wiese von Jakob Bindl in Sankt Englmar im Bayerischen Wald haben zum Boden einen Abstand von mindestens 2,1 Metern, dort kann er mit einem kleinen Traktor unten durchfahren und das Gras mähen. Und Gras ist auch das Einzige, was auf dieser Fläche gerade produziert wird. Kein Strom – obwohl die PV-Anlage seit Anfang des Jahres betriebsbereit ist.
„Das haben wir uns leider ein bisschen anders vorgestellt“, sagt er. „Wir“, denn Jakob Bindl ist nicht der einzige. Allein in und um Sankt Englmar hätten insgesamt vier Junglandwirte eine funktionstüchtige Agri-PV-Anlage, erklärt er. Nur einer davon produziert derzeit Strom – und bekommt dafür einen Preis, der sich eigentlich nicht rentiert.
Solarpaket 1: Mehr Geld für Agri-PV
Bis zu 9,5 Cent pro Kilowattstunde Strom aus Agri-PV – das sieht das Solarpaket 1 vor – wenn die Anlagen bestimmte Auflagen erfüllen. Ein Preis, der deutlich über dem liegt, was im Schnitt sonst für Strom bezahlt wird.
Das Solarpaket 1 ist ein Teil des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, kurz EEG. Bundestag und Bundesrat haben es letztes Jahr beschlossen. Aber das reicht nicht – die Vergütung darf erst gezahlt werden, wenn die EU-Kommission eine beihilferechtliche Genehmigung erteilt hat. Und die fehlt immer noch.
Landwirte sind davon ausgegangen: EU stimmt schnell zu
Dass der erhöhte Strompreis erst gilt, wenn die EU die beihilferechtliche Genehmigung erteilt hat, war Jakob Bindl von Anfang an klar. Er habe auch bereits Mitte 2024 gehört, dass die Zustimmung der EU-Kommission noch aussteht. „Aber das ist eigentlich von jeder Partei, von jeder Richtung gesagt worden, dass das eine reine Formalie ist. Und bei den bisherigen EEGs war es immer so, dass die beihilferechtliche Genehmigung dann relativ flott auch nachgekommen ist.“ Doch dieses Mal lässt sie auf sich warten. Und mit der normalen Strom-Vergütung rentiert sich Agri-PV nicht.
EU hat Interessen der Stromverbraucher im Blick
Warum zögert die EU-Kommission? Offenbar wartet sie auf eine Regelung aus Deutschland, die sicherstellt: Das Solarpaket 1 trägt nicht dazu bei, dass der Strompreis durch die Decke geht. Eine sogenannte Erlös-Abschöpfung.
Denn zum einen müsse das Solarpaket 1 natürlich eine Mindestvergütung sicherstellen, damit die Erzeuger eine Basis haben, mit der sie kalkulieren können, so Alois Hadeier. Er ist in Straubing bei CARMEN, dem Centralen Agrar-Rohstoff Marketing- und Energie-Netzwerk, Fachmann für die Solarenergie. “Aber auf der anderen Seite sollen auch ja überhöhte Vergütungen beschränkt werden, beziehungsweise wenn es zu Über-Gewinnen kommt, soll es eben zurückgezahlt werden.“
Wirtschaftsministerium: „Höchste Priorität“
Das Bundeswirtschaftsministerium und das bayerische Wirtschaftsministerium schreiben auf Nachfrage, dass eine rasche beihilferechtliche Genehmigung für des Solarpaket 1 höchste Priorität habe. Von den Behörden und der EU-Kommission ist allerdings nicht zu erfahren, worüber konkret verhandelt wird. Alois Hadeier bekommt derweil immer wieder Anfragen von Landwirten mit einer fertigen Agri-PV-Anlage. “Das ist immer noch relativ schwierig abzusehen, wann dieser Knoten durchtrennt ist.“
Nach Auskunft aus dem Bundeswirtschaftsministerium ist immerhin das klar: Landwirte, die nicht warten und ihren Agri-PV-Strom jetzt zu niedrigen Kilowatt-Tarifen einspeisen, können später nicht mehr auf die höhere Vergütung des Solarpakets 1 umsteigen. Wenn sie dann kommt.