Es gab Zeiten, in denen eine Karriere im Staatsdienst für junge Menschen beim Einstieg ins Berufsleben wenig attraktiv schien. Die Privatwirtschaft lockte mit höheren Gehältern und deutlich besseren Aufstiegsmöglichkeiten. Manche entschieden sich sogar, ihre sichere Anstellung bei einer Kommune aufzugeben, verzichteten auf die Unkündbarkeit des Beamtenstatus und wechselten in die freie Wirtschaft. Doch Umfragen zeigen, dass sich inzwischen ein spürbares Umdenken vollzieht.
Beamtentum: Warum plötzlich so attraktiv?
In einer Studie der Beratungsgesellschaft EY bezeichnen fast ein Viertel den öffentlichen Sektor als besonders attraktiv. Er scheint die Sicherheit zu bieten, die etliche inzwischen wieder suchen.
Während viele Unternehmen über Personalabbau in Krisenzeiten nachdenken, stieg die Zahl der Beschäftigten bei Bund, Ländern und Kommunen zuletzt an. Das liegt vor allem daran, dass die öffentliche Hand mit zum Beispiel Krankenhäusern, Kitas oder Polizei noch ein Bereich ist, wo Personal gesucht statt abgebaut wird.
Was gegen eine Beschäftigung als Beamter spricht
Dem Statistischem Bundesamt zufolge kommt der Staat nach großen Abbaurunden inzwischen wieder auf rund 5,3 Millionen Beschäftigte. Rund ein Drittel der neuen Stellen wurde mit Beamten besetzt – eine Beschäftigungsform, die mit zahlreichen Privilegien verbunden ist.
Sie werden auf Lebenszeit ernannt, die Pension ist hoch und sicher. Aber in der Privatwirtschaft lässt sich meist doch noch mehr verdienen – gerade in den oberen Einkommensgruppen. Muss außerdem der Fiskus sparen, dann hat die Beamtenschaft schlechtere Karten. Ihre Besoldung wird per Gesetz festgelegt und nicht in Tarifrunden ausgehandelt.
Der Beamtenbund organisiert aber auch Tarifkräfte und verhandelt gemeinsam mit der Gewerkschaft Verdi ab Mitte Januar für Beschäftigte von Bund und Kommunen. In der Regel fordern die Gewerkschaften die Übernahme des Abschlusses auch für die Beamtenschaft. Allerdings dürfen die Beamten nicht streiken.
Tarifverhandlungen: 8 Prozent mehr gefordert
Die rund zwei Millionen Beschäftigten des öffentlichen Dienstes von Bund und Kommunen können sich unterdessen auf flexiblere Möglichkeiten bei ihrer Arbeitszeit einstellen. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sagte auf der Jahrestagung des Beamtenbunds dbb in Köln, auch sie strebe Flexibilisierung bei der Arbeitszeit an. „An ein paar Stellen sind wir sehr beieinander“, sagte Faeser an die Adresse der Gewerkschaften.
Der dbb und die Gewerkschaft Verdi fordern für die am 24. Januar startenden Tarifverhandlungen unter anderem die Einrichtung eines „Mehr-Zeit-für-mich-Kontos“. Beschäftigte sollen am Ende eines bestimmten Zeitraums entscheiden, ob zusätzlich geleistete Arbeitszeit mit Überstundenzuschlägen ausgezahlt oder auf das neue Zeitkonto gebucht wird. An der Seite des Bundesinnenministeriums werden die kommunalen Arbeitgeber mit den Gewerkschaften verhandeln.
„Ich freue mich auf die Tarifgespräche“, sagte Faeser. Sie sei zuversichtlich, dass es einen tragfähigen, allen Interessen gerecht werdenden Abschluss geben werde. Die Kernforderung der Gewerkschaften: eine Entgelterhöhung im Volumen von 8 Prozent, mindestens aber 350 Euro monatlich, bei einer Laufzeit von 12 Monaten. Für die Beamtinnen und Beamten des Bundes drängt der dbb auf Änderungen der Besoldung und eine Rückführung der Wochenarbeitszeit von 41 auf 39 Stunden.
Verbandsvize: Defizite bei Arbeitszeitsouveränität
Der dbb-Vizechef Volker Geyer sagte: „In jeder Einkommensrunde liegt eine Chance, den öffentlichen Dienst attraktiver zu machen.“ Geyer weiter: „Bei der Arbeitszeitsouveränität hinken wir der Wirtschaft meilenweit hinterher.“
Auf der Tagung forderte er zudem umfangreiche Investitionen in den Ausbau öffentlicher Dienstleistungen etwa in den Bereichen Bildung, Sicherheit und Infrastruktur. „Die Menschen wollen keinen Schuldenfetisch, die Menschen wollen Straßen, Schulen und Schutzpolizei.“ Die Erwartung an die Politik sei, für ein funktionierendes Gemeinwesen zu sorgen.
Mit Informationen von AFP und dpa.