Deutschland schiebt momentan mehrere Probleme vor sich her, die der Wirtschaft zu schaffen machen. Dementsprechend schonungslos fällt die Analyse der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) (externer Link) aus. Vbw-Präsident Wolfram Hatz wirft Bundeskanzler Olaf Scholz vor, er sei jetzt erst aufgewacht, als VW in die Krise ging. Dabei halte der wirtschaftliche Stillstand schon seit sechs Jahren an. Eine neue Regierung muss laut Hatz deshalb sehr, sehr mutig handeln.
Vbw: Rente mit 68 darf kein Tabu mehr sein
Die Lage in der deutschen Wirtschaft skizziert Hatz so: „Wir sind als Standort zu teuer. Wir sind zu kompliziert. Wir sind zu wenig für die Zukunft gerüstet. Wir sind zu alt. Und wir sind zu leistungsfeindlich.“ Um beispielsweise den deutschen Standort wieder günstiger zu machen, fordert die Vbw in den ersten 100 Tagen ein Gesetz, das die Steuerlast der Unternehmen auf 25 Prozent begrenzt.
Außerdem wünscht sich der Verband in den sozialen Sicherungssystemen ein schlüssiges Gesamtkonzept, um die Beitragssätze zu senken. Die Rente mit 63 soll sofort abgeschafft werden. Die Anhebung des Renteneintrittsalters – etwa auf 68 Jahre – dürfe kein Tabu sein, so Hatz. Das seien die Zeichen der Zeit. Wörtlich: „Wir werden gesünder und älter und wir werden weniger, ergo müssen wir mehr arbeiten oder wir gefährden unsere Zukunft.“
Keine tägliche Höchstarbeitszeit mehr
Die Vbw hat auch konkrete Vorstellungen, was sich auf dem Arbeitsmarkt ändern soll. Da überall Leute fehlen, soll das deutsche Arbeitszeitrecht reformiert werden. In den ersten 100 Tagen müsse die neue Regierung ein Gesetz verabschieden, das weg von einer täglichen Höchstarbeitszeit und hin zu einer wochenbezogenen Betrachtung komme, so Hatz. Das soll die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessern. Letzteres würde wohl jede Gewerkschaft sofort mitgehen. Zu längeren Tagesarbeitszeiten heißt es beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) dagegen ganz klar „Nein!“ (externer Link) Das schade der Gesundheit der Mitarbeitenden. Die Wirtschaft solle lieber für mehr Kinderbetreuung und Pflegeangebote sorgen, wenn sie Personal braucht.
Weitere Punkte aus dem Forderungs-Katalog der Vbw:
- Abschaffung des Bürgergeldes
- Deutsches Lieferkettengesetz aussetzen
- Steuerlast der Unternehmen auf 25 Prozent begrenzen
- Abbau von Verwaltungsvorschriften
Eindeutiges „Ja“ zur Schuldenbremse
Davon, dass eine neue Bundesregierung wichtige Investitionen durch zusätzliche Kredite finanziert, hält man bei der Vbw gar nichts. „Wir stehen als Vbw voll hinter der Schuldenbremse“, sagte Verbands-Präsident Hatz. Die bayerische Wirtschaft steht damit im deutlichen Widerspruch zu den Gewerkschaften. Der Vorsitzende des DGB Bayern, Bernhard Stiedl, hat sich im Bayerischen Rundfunk ebenfalls zur Schuldenbremse geäußert. Er sieht sie im Zusammenhang mit Investitionen, die in der alten Ampelregierung wegen finanzieller Engpässen liegen geblieben sind. Der DGB fordert deshalb die Abschaffung der Schuldenbremse, denn sie sei eine Zukunftsbremse. (externer Link) Die Vbw will Investitionen dagegen ermöglichen, indem wieder mehr gespart wird, etwa bei den Sozialausgaben.
Keine (eindeutige) Wahlempfehlung
Die CDU hatte zuvor schon ihre Agenda 2030 vorgestellt, mit der sie in den Wahlkampf geht. Darin wird zum Beispiel eine Absenkung der Körperschaftsteuer für Firmen und eine Vereinfachung der Gewerbesteuer angekündigt – allerdings nicht in 100 Tagen, sondern in vier Jahresschritten, wie Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz erklärte. Auch die Senkung der Sozialabgaben in Richtung 40 Prozent steht in der Agenda.
Auf das CDU-Programm angesprochen, sagt Vbw-Präsident Hatz bei der Pressekonferenz mit einem Lachen: „Ich glaube, die schreiben von uns ab“. Vbw-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt fügt an, man gebe grundsätzlich keine Wahlempfehlung. Aber die Empfehlung ergebe sich aus der Logik. Einen Rat gibt der Präsident dann aber doch noch ab: nicht die AfD wählen. Das sei für ihn persönlich ein völliges No-Go.