Wann eine Wohnung laut Definition überbelegt ist, hängt von mehreren sozialen Faktoren ab, für Erwachsene gilt die Faustregel „Ein Zimmer pro Person“ als Mindeststandard. Doch der Trend der Überbelegung steigt. „Es wird immer kleiner gebaut, vor allem in den Städten“, erklärt Walberg, was wiederum Folgekosten für alle erzeuge: „Wenn junge Familien aus Geldnot in die Vororte ziehen, dann muss dort die Infrastruktur massiv ausgebaut werden und wir erzeugen insgesamt noch höhere Emissionen.“
Bauwirtschaft: Mehrwertsteuer runter
Für bezahlbares Wohnen zu sorgen, gehe demnach alle in der Gesellschaft an: „Wohnen ist ein Grundrecht, Sie können ja nicht nicht wohnen.“ Dahinter steckt laut Walberg auch ein nicht unerheblicher Wirtschaftszweig: „Die Bauindustrie mit allem Drum und Dran ist noch größer als die Automobilbranche in Deutschland, sie ist ein guter Indikator für die Konjunktur im Land.“
Nur wird wenig gebaut, vor allem im Niedrigpreissegment. Man könne inzwischen kaum mehr für einen Mietpreis unter 17,50 € pro Quadratmeter rentabel bauen. Die Industrievertreter machen vor allem die gestiegenen Baukosten dafür verantwortlich – und wollen genau dort ansetzen. Dirk Salewski vom Bundesverband Freier Wohnungsunternehmen konkretisiert: „Wir zahlen für jeden Stein, für jede Schraube und für jeden Nagel 19 Prozent Mehrwertsteuer. Und da ist ein sofort hebbares Potenzial zur deutlichen Absenkung von Baukosten.“
Förderungen vereinfachen
Die Industriellen schlagen zudem den günstigen Gebäudetyp E vor, der in Modellprojekten unter anderem in Bad Aibling erprobt wird. Durch einfachere Standards unter anderem bei der Wanddicke werde material- und klimaschonender gebaut. Die Niederlande seien hier ein großes Vorbild.
Geld in die Hand nehmen müsse die Bundesregierung in jedem Fall, allerdings mit Plan und Priorisierung. Bislang käme eine staatliche Bauförderung vor allem für Projekte, die nach Topstandard gebaut werden, kritisieren die Vertreter. „Wichtig ist, dass man wirklich sagt: Gefördert wird nur noch das, was Mindeststandards realisiert und nicht mehr die Wünsch-dir-was-Tüte, wo noch hier und da was gefördert wird“, so Bauforscher Walberg. Dazu müsse die Förderung vereinfacht und die 16 Landesbauordnungen einheitlicher werden, um das Bauen in Serie günstiger zu machen.