Im ARD-Sommerinterview hat Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) vorgeschlagen, beim Bürgergeld neue Obergrenzen für die sogenannten Unterkunftskosten einzuführen. So könnten die ständig steigenden Kosten für die Grundsicherung eingefangen werden. Kritiker fragen sich nun, wie genau Merz‘ Vorschlag zu verstehen ist – ein Faktencheck.
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Unterkunftskosten der Jobcenter massiv gestiegen
In den vergangenen Jahren sind die Überweisungen der Jobcenter für die Unterkunftskosten erheblich angestiegen. Lagen sie nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit im Jahr 2011 noch bei 14 Milliarden Euro, gab der Staat im vergangenen Jahr bereits 20 Milliarden dafür aus, Bürgergeldempfängern ein Dach über dem Kopf zu finanzieren. Dabei gibt es insbesondere in Bayern erhebliche regionale Unterschiede. So lag der Quadratmeterpreis inklusive Heizkosten in München im vergangenen Jahr bei mehr als 20 Euro, während er in nordbayerischen Landkreisen wie Wunsiedel, Neustadt an der Waldnaab, Hof oder Tirschenreuth lediglich knapp 8 Euro betrug.
Sozialverbände: Mehr Wohnungsbau als einzige Lösung
Sozialverbände kritisierten den Vorschlag von Friedrich Merz scharf. Die Lösung könne nicht sein, in einem angespannten Mietmarkt mit zu wenig verfügbarem Wohnraum die Unterstützung zu deckeln. Dies entbehre jeder Grundlage, sagte Verena Bentele, die Präsidentin des Sozialverbandes VdK, im Interview mit der Presseagentur dpa. Um tatsächlich die Kosten für Wohnraum zu senken, müssten stattdessen der Bund und auch der Freistaat Bayern viel mehr Geld in den Bau von bezahlbarem Wohnraum investieren, so Monika Schmid-Balzert, die Geschäftsführerin des Landesverbandes Bayern des Deutschen Mieterbundes (DMB).
Der Verband fordert eine massive Ausweitung des sozialen Wohnungsbaus. Heute gebe es bundesweit 1,1 Millionen solcher Wohnungen mit Mietpreisbindung. Bis 2030 müsste diese Zahl auf zwei Millionen steigen, so der Mieterbund. Dies würde auch ein anderes Kostenproblem lindern: Da es in vielen Regionen an bezahlbaren Mietwohnungen fehlt, werden Bedürftige teils in angemieteten Hotels oder Gemeinschaftsunterkünften untergebracht, was in der Regel deutlich teurer ist als eine Mietwohnung.
Wie groß sind die Wohnungen, die das Jobcenter genehmigt?
Wenn sie die Unterkunftskosten für einen Bürgergeldempfänger übernehmen sollen, schauen die Jobcenter vor allem auf die Bruttokaltmiete. Was da maximal möglich ist, hängt vom jeweiligen Mietniveau vor Ort ab. Orientierung für eine verhältnismäßige Wohnung geben die Richtwerte, die die Jobcenter selbst zusammenstellen.
Für eine Person werden beispielsweise 45 bis 50 Quadratmeter veranschlagt. Für zwei Personen sind es 60 bis 65 Quadratmeter Wohnfläche, für vier Personen 85 bis 95 Quadratmeter. Allerdings sind die Vorgaben nicht sehr streng. Ist eine Wohnung vergleichsweise günstig, kann sie auch ein paar Quadratmeter größer ausfallen als vorgesehen.
Wie viel dürfen Wohnungen in München und Nürnberg kosten?
In München darf, laut der Website buergergeld.org, die sich jeweils auf Daten des Jobcenters vor Ort beruft (externer Link), die sogenannte Bruttokaltmiete für eine Person höchstens 890 Euro im Monat betragen. In Nürnberg darf die Bruttokaltmiete, also die Miete inklusive der Nebenkosten 522 Euro betragen, allerdings ohne Heizkosten. Für zwei Personen übernimmt das Jobcenter in München höchstens 1.092 Euro, in Nürnberg 649 Euro. Und bei einem Vier-Personen-Haushalt sind es in München 1.569 Euro und in Nürnberg 917 Euro.
Was, wenn die Wohnung zu teuer ist?
Befindet das Jobcenter eine Wohnung für zu teuer, gibt es entweder keine Freigabe, dass diese gemietet werden darf oder es zeigt Maßnahmen auf, wie die Kosten gesenkt werden können. Dazu zählen beispielsweise der Umzug in eine günstigere Wohnung, die Untervermietung von Zimmern, das Senken von Nebenkosten und auch Einsparungen beim Heizen.
Gibt es allerdings keine Möglichkeit, die Kosten zu senken, was aber nachgewiesen werden muss, muss das Jobcenter die vollen und zu hohen Mietkosten weiterhin übernehmen. Zum Beispiel, weil trotz intensiven Bemühens keine günstigere Wohnung gefunden wurde – und das ist angesichts des Mietmarkts in den meisten bayerischen Regionen ein sehr realistisches Szenario.