Marsalek und Bellenhaus als Fallensteller?
Von Erffa schilderte zudem einen Vorgang von Ende Dezember 2019/Anfang Januar 2020 – ein besonders arbeitsreicher Zeitraum, weil er einerseits mit der Jahresbilanz und andererseits mit der KPMG-Sonderprüfung befasst gewesen wäre. Diese hatte der Aufsichtsrat des Konzerns im Oktober 2019 in Auftrag gegeben, nachdem die Financial Times weitere Berichte über mögliche Unregelmäßigkeiten im Geschäft von Wirecard veröffentlicht hatte.
Mehrfach habe ihn der damalige Unternehmensvorstand Jan Marsalek aufgefordert und gedrängt, den E-Mail-Verkehr mit einem Treuhänder von Wirecard nachträglich für die Prüfer zu dokumentieren. Bellenhaus habe ihm dabei Tipps gegeben, wie sich zum Beispiel E-Mails rückdatieren ließen. Technisch sei das allerdings sehr schwierig gewesen, „mir hat das Know-how gefehlt“, sagte von Erffa.
Ende Januar 2020 habe er schließlich einer Kollegin eingescannte Ausdrucke geschickt. „Heute denke ich, dass es eine Falle von Jan Marsalek und Oliver Bellenhaus gewesen sein kann.“ Schließlich seien die entsprechenden Dateien später von den Behörden als einzige in einem ansonsten gelöschten Postfach gefunden worden. Der hinter von Erffa sitzende Bellenhaus hörte von Erffa dabei ohne sichtliche Regung zu, ebenso der dritte Angeklagte, Ex-Wirecard-Vorstandschef Markus Braun. Brauns Verteidigerin Theres Kraußlach hatte schon gestern in einer Verhandlungspause betont, ihrer Meinung nach stütze von Erffas Erklärung die Position ihres Mandanten: „Wo keine Bande ist, beziehungsweise wenn man kein Mitglied einer Bande ist, wie Herr Dr. Braun und Herr von Erffa, dann kann man davon auch nichts wissen.“
Die Staatsanwaltschaft wirft Bellenhaus, Braun und von Erffa unter anderem bandenmäßigen Betrug und Marktmanipulation vor. Am kommenden Montag findet der letzte Verhandlungstag vor der Sommerpause statt. Mitte August geht die Hauptverhandlung weiter. Ein Urteil in dem seit dem 8. Dezember 2022 laufenden Wirecard-Prozess ist nicht absehbar.