Solaranlagen, Mobiltelefone, Computer, Fernseher und zunehmend auch Kleidung, Chemikalien und Autos: Die Liste von Produkten ist lang, die chinesische Unternehmen auf dem europäischen Markt verkaufen. Oft unterbieten sie die Preise europäischer Konkurrenten deutlich und drängen so heimische Anbieter aus dem Markt. Dieser Druck könnte noch einmal zunehmen. Nämlich dann, wenn Chinas Exporteure ganze Warenströme umleiten, die bisher in die USA geflossen waren.
Es geht um Produkte im Wert von mehreren hundert Milliarden Euro: Maschinen, Spielzeug, Küchengeräte, aber auch Elektronikprodukte und Autoteile. Hintergrund ist der eskalierende Zollstreit zwischen den USA und China, der es für chinesische Firmen zunehmend unattraktiv machen könnte, in die Vereinigten Staaten zu liefern. Auf Europa könnte deshalb eine Flut von Billigimporten zukommen. In manchen Branchen sind die Folgen schon jetzt abzusehen.
Chinesische Online-Billigmode verdrängt Einzelhändler
Auch wenn viele Branchen in Deutschland unter der Konjunkturkrise und der Zurückhaltung der Verbraucher leiden – ein Markt boomt: Fast Fashion, also Billigkleidung, die vor allem von jungen Menschen gekauft und oft nach kurzer Zeit wieder weggeworfen wird. Dominiert wird dieses Geschäft vor allem von chinesischen Internet-Plattformen wie Temu und Shein. Sie sind zuletzt rasant gewachsen.
So hat sich die Zahl der aus China in die EU gelieferten Sendungen mit einem Warenwert von unter 22 Euro im vergangenen Jahr ungefähr verdoppelt. Sie lag zuletzt bei mehr als vier Milliarden Paketen. Für den europäischen Einzelhandel sind die Anbieter aus Fernost inzwischen eine echte Gefahr, ist man bei der EU überzeugt. Und auch Verbraucherschützer warnen immer wieder, dass die Produkte aus China oft nicht hiesigen Standards entsprechen und teilweise sogar gefährlich seien, zum Beispiel wenn Elektrogeräte nicht gut verarbeitet sind.
EU will strenger gegen Temu, Shein & Co vorgehen
Die Europäische Kommission hat inzwischen Schritte gegen die Billigplattformen angekündigt. Brüssel will unter anderem eine Bearbeitungsgebühr für Pakete der Anbieter einführen. Bisher sind Sendungen mit einem Wert unter 150 Euro von Zöllen befreit.
Bei europäischen Wirtschaftsverbänden stoßen diese Pläne auf große Zustimmung. Hierzulande soll außerdem das Bundeskartellamt die Billigheimer strenger kontrollieren. Der Handelsverband Deutschland HDE hat bei der Behörde Beschwerde gegen Temu eingereicht. Die Vorwürfe: Das Unternehmen beachte oft die europäischen Produktstandards nicht, außerdem locke man die Kundschaft mit unlauteren Methoden an – etwa mit gefälschten Bewertungen und vorgetäuschten Rabattaktionen.
Immer mehr China-Produkte zu immer günstigeren Preisen
Schon in den vergangenen Jahren sind chinesische Produkte auf dem EU-Markt tendenziell billiger geworden. Das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) hat allein für das Jahr 2024 für die wichtigsten Warengruppen einen durchschnittlichen Preisrückgang um 8,8 Prozent berechnet. Gleichzeitig stieg die Menge der importierten Produkte. China lieferte also mehr Waren zu immer günstigeren Preisen.
Das ist zwar aus Sicht der Kunden zunächst erfreulich. Für europäische Hersteller aber stellt es ein Problem dar, zum Beispiel bei chemischen Erzeugnissen, deren Importpreise besonders deutlich nachgaben. So können zum Beispiel bayerische Chemie-Unternehmen angesichts hoher Lohn- und Energiekosten am Standort Deutschland immer weniger mit der Konkurrenz aus Fernost mithalten.
Immer weniger Export nach China
Während Importe aus China in die EU boomen sieht es auf der umgekehrten Handelsroute zunehmend düster aus. Nach Zahlen der aktuellen IW-Studie (externer Link) schrumpften die deutschen Exporte nach China in den vergangenen beiden Jahren um insgesamt rund 16 Prozent. Es tut sich also eine immer größere Schere in der Handelsbilanz auf, zu Ungunsten der deutschen Wirtschaft. IW-Experte Jürgen Matthes spricht angesichts dieser Zahlen von „beunruhigenden Befunden“ und einer regelrechten „Implosion“ des dortigen Exportmarkts.