In rund 600 Äckern und Wiesen in Bayern werden in diesen Monaten Bodenproben genommen. Auf den Flächen haben Wissenschaftler des Thünen-Institutes in Braunschweig bereits vor zehn Jahren den Humusgehalt der Böden gemessen. Sie wollen eine deutschlandweite Humusbilanz berechnen – die Werte sind wichtig für die nationale Klimabilanz und für die Landwirtschaft.
Pflanzen bringen den Kohlenstoff aus der Luft in den Boden
Ein Acker in Kutzenhausen im Landkreis Augsburg. Christopher Poeplau vom Thünen-Institut hat ein gut 50 Zentimeter tiefes Loch in den Sandboden gegraben und schabt mit der Maurerkelle Bodenproben aus verschiedenen Tiefen ab. Im Bodenprofil ist bei rund dreißig Zentimetern Tiefe deutlich die sogenannte Pflugsohle zu erkennen. Der Boden darüber ist dunkler, er enthält mehr Humus, also mehr Kohlenstoff. Der Kohlenstoff kommt über die Pflanzen in den Boden, über Wurzeln und Erntereste zum Beispiel.
Die landwirtschaftlich genutzten Böden in Deutschland speichern insgesamt zweieinhalb Milliarden Tonnen Kohlenstoff, das ist so viel wie in allen deutschen Wäldern – die Waldböden und die Bäume zusammengerechnet. „Wir wollen natürlich wissen, in welche Richtung sich das entwickelt“, sagt Christopher Poeplau über den Kohlenstoff in Äckern und Wiesen. „Dadurch, dass es eine große Fläche ist, ist es eben auch zahlenmäßig relevant für die Treibhausgasbilanz von Deutschland.“ Ganz grob: ein Prozent der Treibhausgase, die Deutschland jährlich ausstößt, könnte von normalen Äckern und Wiesen stammen.
Mikroorganismen machen CO₂ aus Humus
Ein Ackerboden verliert 190 Kilogramm Kohlenstoff pro Hektar und Jahr. Diese Zahl hat das Thünen-Institut für normale mineralische Böden, also Nicht-Moorböden berechnet. Die Wissenschaftler sprechen von einem „in dieser Deutlichkeit unerwarteten Ergebnis“ (externer Link).
Hinter den Kohlenstoffverlusten stecken Mikroorganismen und Bodentiere. Sie zersetzen den Humus, der Kohlenstoff geht dann als Kohlendioxid in die Luft. Und ein Grund für die sinkenden Humusgehalte könnte sein, dass die Mikroorganismen vom Klimawandel profitieren. Denn sie arbeiten besser bei höheren Temperaturen.
Gründüngung und Hecken für mehr Kohlenstoff im Boden
Humusreiche Böden können Nährstoffe und Wasser besser speichern, sie sind fruchtbarer. Deswegen will Bio-Landwirtin Eva Förg auch möglichst viel Humus in ihrem Boden haben. „Dass wir Kleegras anbauen und Zwischenfrüchte, das ist unser Mittel, was wir vor allem machen können.“
Zwischenfruchtanbau, quasi eine Gründüngung, erhöht den Humusgehalt und dient so auch dem Klimaschutz, das ist erwiesen. Die Landwirtin wird in ein paar Monaten erfahren, ob ihre Anstrengungen was gebracht haben. Dann gibt’s die Bodenproben-Ergebnisse von ihrem Acker. Eva Förg hält das Projekt für eine wichtige Sache. Und sie wüsste dann auch gern: „Was gibt’s vielleicht für Lösungen, was kann man besser machen?“
Bereits jetzt weiß man: Hecken und Bäume auf dem Acker sowie das Einarbeiten von Ernteresten sind auch gut für den Humusgehalt. Unter anderem, weil die Sträucher und Bäume mit dem Herbstlaub immer neuen Rohstoff für Humus liefern. Und eingearbeitete Erntereste werden nicht so schnell von den Mikroorganismen zersetzt, wie Stroh und Kartoffelkraut, das an der Luft liegt.
Weniger Kohlenstoff im Boden: Folgen für Klima, Gesellschaft und Landwirtschaft
Doch gegenwärtig reicht das, was die Landwirtschaft macht, nicht aus, um den in den deutschen Böden vorhandenen Kohlenstoff im Boden zu halten – die 190-Kilogramm-Kohlenstoff-Verlust pro Hektar zeigen es. Das ist auch schlecht für die Landwirtschaft. Denn weniger Humus heißt weniger Bodenstruktur, also weniger Krümel und weniger Poren.
Und das kann gefährlich werden, so Christopher Poeplau: „Der Boden neigt zur Verschlämmung und wir könnten mehr Bodenerosion haben.“ Bei Starkregen können diese Schlammmassen in Siedlungen geschwemmt werden. Und der Klimawandel wird damit beschleunigt. „Wenn wir mehr CO₂ aus den Böden wieder in die Atmosphäre kriegen, dann heizt das die Erde weiter auf.“