Wie viele Schlaganfall-Patienten gibt es und mit welchen Behinderungen ist zu rechnen? Für Krankenkassen sind diese Zahlen wichtig, um ihre Kosten im Blick zu behalten. 1994, als in den Krankenhäusern die ersten Schlaganfall-Spezialstationen, die „Stroke Units“ entstanden, konnte niemand Antwort auf die Fragen nach den Schlaganfall-Patienten geben. „Aussagekräftige Zahlen, die diese Fragen hätten zuverlässig beantworten können, gab es in dieser Zeit nicht“, sagt der Neurologe Prof. Peter Kolominsky-Rabas, Gründer und wissenschaftlicher Leiter des Erlanger Schlaganfall-Registers.
In 30 Jahren 11.000 Fälle dokumentiert
Um verlässliche Antworten zu finden, habe er ab April 1994 zusammen mit seinem Vorgesetzten, Prof. Bernhard Neundörfer, erste Daten gesammelt. Daraus entstand das „Erlanger Schlaganfall-Register“, das in diesem Jahr 30 Jahre alt wird. Seit der Gründung des Registers wurden insgesamt 11.000 Fälle dokumentiert.
Das Forschungsteam der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) erhebt nach eigenen Angaben fortlaufend Daten von Erlanger Schlaganfallpatientinnen und -patienten. Die Daten dienen als Grundlage zu epidemiologischen Berechnungen zur Häufigkeit von Schlaganfällen in der Bevölkerung, zu Krankheitsverlauf, Versorgung und den Kosten in Folge eines Schlaganfalls. „In Deutschland müssen wir anhand der epidemiologischen Berechnungen des Erlanger Schlaganfall-Registers von rund 270.000 neuen Schlaganfällen pro Jahr ausgehen“, erklärt Prof. Kolominsky-Rabas.
Mehr Frauen als Männer sterben am Schlaganfall
Bis heute werden die Registerdaten entlang der gesamten Versorgungskette erhoben, von den Schlaganfall-Spezialstationen, den Stroke Units, über die Rehabilitation und die Langzeitpflege bis hin zur hausärztlichen Betreuung. So können inzwischen auch die „Kosten“ eines Schlaganfalls berechnet werden: Die Behandlung eines einmaligen Hirninfarkts schlägt mit rund 43.000 Euro zu Buche. Der Schlaganfall sei demnach eine der für die Gesundheitssysteme teuersten Erkrankungen, so Kolominsky-Rabas.
Nach Herz- und Krebserkrankungen sei der Schlaganfall mit jährlich rund 63.000 Toten, davon rund 36.000 Frauen, die dritthäufigste Todesursache in Deutschland. Die Erkrankung sei außerdem die häufigste Ursache für eine lebenslange Behinderung bei Erwachsenen. So könne es etwa zu dauerhaften Lähmungen, Sprach- und Sprechstörungen oder Harn- und Stuhlinkontinenz kommen, die hohe Versorgungskosten nach sich ziehen. Hinzu komme die sehr hohe körperliche und emotionale Belastung der pflegenden Angehörigen.
Zahl der Schlaganfälle wird steigen
Patienten mit einem erstmaligen Schlaganfall seien durchschnittlich 75 Jahre alt, sagt der Leiter des Erlanger Schlaganfall-Registers. Mit der Alterung der Gesellschaft werde sich die Zahl der neuen Schlaganfälle in den nächsten Jahrzehnten mehr als verdoppeln, meint Peter Kolominsky-Rabas. Angesichts des demografischen Wandels gehen die Spezialisten davon aus, dass bis 2040 die Anzahl der Schlaganfälle in Deutschland um 30 Prozent steigen wird. Die Sammlung verlässlicher Daten ist also noch genauso wichtig wie vor 30 Jahren.