Schon seit Jahren warnt die Wissenschaft vor immer häufigeren Wetterextremen – doch nun spüren es auch die Menschen in Deutschland am eigenen Leib. „Die Hitzewellen, die wir erleben, häufen sich massiv. Unser Planet erwärmt sich insgesamt mit beschleunigter Geschwindigkeit“, sagte Plöger am „Sonntags-Stammtisch“ im BR Fernsehen. Das politische Ziel, die globale Erwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, sei bereits im Jahr 2024 überschritten worden – stattdessen bewege sich die Welt nun auf einem 2,7-Grad-Pfad.
Extremwetter, Waldbrände, Hitze: Spürbare Folgen der Erderwärmung
Die Folgen sind laut Plöger klar sichtbar: Immer mehr Menschen, besonders ältere, würden unter den Extremtemperaturen leiden. Waldbrände nehmen zu, da ausgetrocknete Böden – insbesondere in Ostdeutschland – Brände begünstigen. „97 bis 98 Prozent der Waldbrände werden von uns Menschen ausgelöst“, betonte Plöger. Die Erderwärmung vollziehe sich dabei unterschiedlich: Wasser, Land und Eis reagierten verschieden, was wiederum die globalen Wetterströme und damit das Wettergeschehen verändere.
USA: Wissenschaft unter Druck
Mit Blick auf die USA zeigte sich Plöger besorgt über die Entwicklung in der Klimapolitik und den Umgang mit wissenschaftlichen Erkenntnissen. Unter der aktuellen Administration würden wichtige Institutionen wie die NOAA (National Oceanic and Atmospheric Administration) und NASA finanziell beschnitten, was zu einem massiven Verlust an wissenschaftlichem Know-how führe. „Gerade vor wenigen Tagen hat sich ein Meteorologe ins Fernsehen gestellt und gesagt, er traue sich nicht mehr, verlässliche Vorhersagen zu machen, weil das wissenschaftliche Know-how verloren geht“, schilderte Plöger.
Die Sorge in den USA sei groß, dass durch diese Entwicklung Wettervorhersagen und das Verständnis für Extremwetterereignisse leiden. Plöger wünscht sich, dass Europa und Deutschland den Wert der Wissenschaft erkennen und fördern. Denn: „Der Klimawandel verändert die Wetterlagen, das macht das Berechnen der Vorgänge nicht leichter.“
Sven Plöger: „Klimaschutz lässt sich nur global lösen“
Gerade vor dem Hintergrund dieser Herausforderungen betonte Plöger, dass effektiver Klimaschutz nicht an Landesgrenzen haltmachen dürfe. Deutschland stehe mit knapp unter zwei Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen auf Platz sieben. Das bedeute, dass 188 von 195 Ländern weniger Emissionen ausstoßen als Deutschland. Gerade auch deshalb könne man die Verantwortung nicht einfach abgeben: „Der Klimawandel lässt sich nur global lösen.“ Für Plöger ist klar: Nur gemeinsames, internationales Handeln bietet die Chance, die Klimakrise zu bewältigen und die Zukunft nachhaltig zu sichern.
Auch Bundestagsvizepräsident Bodo Ramelow kritisierte in der Sendung die globalen Wirtschaftsstrukturen und deren Folgen für Klima und Handel. Mit Blick auf den Onlinehandel warnte er: „Jeden Tag landen 13 bis 15 Jumbojets allein von Shein und Temu mit Paketen in Deutschland. Wir erleben eine Kannibalisierung unserer Handelsstrukturen.“ Ramelow forderte über die Besteuerung von Flugbenzin nachzudenken und so die Produktion wieder stärker nach Deutschland zu holen, um einen echten Wettbewerbsvorteil zu schaffen – was auch dem Klima zugutekäme. Ramelow plädierte für mehr Ehrlichkeit und Konsequenz in der Klimapolitik.
Zwischen Wunsch und Wirklichkeit: Gesellschaftliche Verantwortung
Doch nicht nur die Politik, auch die Gesellschaft steht vor einer Bewährungsprobe. Plöger sieht eine wachsende Kluft zwischen der wissenschaftlichen Realität und den gesellschaftlichen Wunschvorstellungen, in die „die jüngere Generation hineinfallen wird“. Für ihn ist die Klimafrage auch eine Frage der Haltung: „Eltern, wollt ihr euren Kindern ins Gesicht sagen: Dir soll es später mal schlechter gehen als mir, und dafür tue ich gerade alles?“
Plöger mahnte eindringlich, dass die Gesellschaft endlich Verantwortung für das selbst verursachte Problem übernehmen müsse. Andernfalls, so Plöger, „müssen wir ehrlich sagen: Die menschliche Gesellschaft ist für das selbst verursachte Problem nicht reif genug“.