KI trainieren ist ein langer Prozess
Damit die KI weiß, welche Bilder wie zu interpretieren sind, brauchte es die Unterstützung von Biologe Ralph Simon, sagt Zürl. Dieser musste der KI quasi beibringen, wie es aussieht, wenn ein Eisbär spielt, frisst, schläft oder läuft und nicht nur das, auch die genaue Unterscheidung der Tiere spielte eine wichtige Rolle. „Bilder annotieren“ nennt das Matthias Zürl. Dieser Prozess dauert am längsten, danach geht es schneller, so Zürl.
Mittlerweile kann das KI-Modell die Eisbären genau identifizieren und das Verhalten analysieren. Das Besondere ist, sagt Ralph Simon, dass man jetzt 24 Stunden lang, an jedem Wochentag verfolgen kann, wie sich die drei Eisbären verhalten. Das liefere wichtige Erkenntnisse über die Tiere. Früher sei das nicht möglich gewesen. Studenten zum Beispiel, die solche Tierbeobachtungen übernommen hatten, könne man nicht Tag und Nacht bei den Eisbären sitzen lassen, so Simon.
Eine wichtige Erkenntnis aus den ersten Ergebnissen sei, dass man die Fütterungszeiten der Eisbären angepasst hat. „Wenn die Fütterungszeiten unregelmäßig sind, ist das besser für die Tiere“, sagt Biologe Ralph Fischer. Es sorgt für mehr Abwechslung. Auch hat man zusätzlich Spielzeug in das Gehege gebracht und man könne schneller reagieren, falls die Tiere stereotypisches Verhalten zeigten, also zum Beispiel auf und ab laufen.
Einsatz bei Braunbären in freier Wildbahn möglich
Das Ziel von Doktorand Matthias Zürl ist es, das KI-Modell auch in freier Wildbahn einzusetzen. Dazu brauche es weitere Datensätze, der Schlüssel zum Erfolg, um weiteres Videomaterial von anderen Tieren durch die KI analysieren zu lassen. Damit das funktioniert, arbeitet Zürl mit Wissenschaftlern aus Kanada zusammen. Derzeit analysiert er auch Videomaterial von Braunbären, außerdem von Luchsen aus dem Bayerischen Wald und von Wölfen in Sachsen.
Ralph Simon sieht in diesem Vorgehen eine Chance, um wichtige Aussagen über andere Arten treffen zu können. Zum Beispiel könnten mittels KI-Modell einzelne Tiere identifiziert werden, das sei wichtig, um Populationen zu bestimmen. Auch das Verhalten von Wildtieren könnte kontinuierlich aufgezeichnet und ausgewertet werden. All das hilft der Wissenschaft, neue Erkenntnisse zu gewinnen.
An KI tüfteln für mehr Effizienz
Parallel arbeitet Matthias Zürl mit einem Team der Universität Erlangen-Nürnberg und Ralph Simon daran, das KI-Projekt am Tiergarten Nürnberg noch effizienter zu machen. Bisher wird das Videomaterial auf Festplatten gespeichert und für die Datenauswertung nach Erlangen gebracht. Langfristiges Ziel sei es, die Auswertung des Videomaterials des Eisbär-Geheges direkt an Ort und Stelle im Tiergarten machen zu können und die Ergebnisse schon innerhalb von 24 Stunden zu haben.
Bis dahin wird es noch eine Weile dauern, schätzen die beiden. Schon jetzt haben sie aber ein KI-Modell entwickelt, das hilft, die Situation der Eisbären weiter zu verbessern. Deutschlandweit gibt es nur weniger Wissenschaftler, die an solchen Modellen forschen, sagt Matthias Zürl.