Mehr als 70 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben sich mit einem am heutigen Dienstag veröffentlichten Statement klar gegen Antisemitismus an Universitäten und Hochschulen positioniert. Zu den Erstunterzeichnern gehören unter anderem die Professoren Clemens Fuest und Armin Nassehi von der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München sowie Carlo Masala von der Bundeswehr-Uni in Neubiberg.
Professoren fordern Schutz
„Wir (…) stellen uns ohne Wenn und Aber vor unsere jüdischen Studierenden und Kolleginnen und Kollegen“, heißt es in dem Statement, das „aus aktuellem Anlass“ auf Deutsch und Englisch verfasst ist. „Wir werden alles in unserer Macht Stehende tun, damit sie unversehrt und sicher an unseren Einrichtungen studieren und arbeiten können.“
Weiter heißt es in dem Schreiben, dass „antisemitische Ausgrenzung“, das Verwenden von Terror-Symbolen, die Infragestellung des Existenzrechts Israels sowie jegliche Form von Verwüstungen in Universitätsgebäuden „auf Schärfste“ verurteilt werden. Judenhass in universitären Einrichtungen müsse deshalb geächtet und geahndet werden, so die Unterzeichner des Schreibens.
Erstunterzeichner beobachten Entwicklungen „mit großer Sorge“
Die Professorinnen und Professoren betonen in dem Statement auch, dass sie die aktuellen Entwicklungen mit großer Sorge beobachten. Zum Beispiel, wenn zum Boykott israelischer Universitäten aufgerufen und die Ausgrenzung israelischer Kolleginnen und Kollegen auf wissenschaftlichen Konferenzen gefordert werde.
Zum Schluss des Statements heißt es: „Wir stellen uns klar gegen diese Formen der Ausgrenzung und setzen uns weiterhin für die Zusammenarbeit mit Kolleginnen und Kollegen an israelischen Universitäten oder Forschenden mit israelischer Staatsangehörigkeit ein.“
Fuest und Nassehi begründen Unterschrift
Auf BR24-Anfrage teilte der Soziologe Armin Nassehi von der LMU München mit: „Ich habe unterschrieben, weil in der Diskussion um die Legitimität von Protesten an Universitäten unterschätzt wird, dass sich hier ein Druck auf jüdische Studierende aufbaut, von dem mir selbst Betroffene mehrfach berichtet haben. Kritik an Israel, eine differenzierte Einschätzung des Krieges, auch kontroverse Erörterungen dazu müssen an Universitäten möglich sein, wo, wenn nicht dort?“ Doch „eleminatorisch-antiisraelische“ und antisemitische Symbole seien eine Gefahr und nicht tolerierbar, so Nassehi.
Clemens Fuest, Präsident des ifo-Instituts und Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität München, erklärte auf BR-Anfrage: „Antisemitismus hat in unserer Gesellschaft keinen Platz, in der Wissenschaft schon gar nicht.“ Er habe das Statement auch deshalb unterzeichnet, weil Wissenschaft Aufklärung, Rationalität und Dialog bedeute. Antisemitismus sei damit unvereinbar.
Soziologie-Professor aus Berlin initiiert Statement
„Die Aufrufe zum Boykott israelischer Universitäten und die Ausgrenzung israelischer Kolleginnen und Kollegen sind antisemitisch und mit einer freien Wissenschaft unvereinbar“, erklärte auch Professorin Dominika Langenmayr von der Universität Eichstätt. Es sei wichtig, ein Signal der Solidarität an jüdische Studierende und Kolleginnen und Kollegen zu senden. „Durch meine Unterschrift zeige ich, dass sie nicht allein im Kampf gegen Antisemitismus sind“, so die Wirtschaftswissenschaftlerin.
Das Statement wurde von Stefan Liebig initiiert. Er ist Soziologie-Professor an der Freien Universität Berlin. Insgesamt 72 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gehören zu den Erstunterzeichnern des Statements.