Beim Thema Igel will die bayerische Grünen-Fraktion nicht lockerlassen: Vor einem Jahr machte sie sich bereits im Umweltausschuss des Landtags sowie mit einer Unterschriftensammlung für einen besseren Schutz der Tiere vor Mährobotern stark. „Jetzt zünden wir die zweite Stufe“, sagt Fraktionschefin Katharina Schulze: Im Plenum des Landtags wird am Nachmittag ein Grünen-Vorschlag zur Änderung des bayerischen Naturschutzgesetzes diskutiert.
„Wir Grünen möchten, dass nach Einbruch der Dämmerung oder bei Dunkelheit Mähroboter nicht mehr auf Rasen- und Grünflächen fahren dürfen, also nur noch tagsüber mähen dürfen, weil wir dadurch den Igel besser schützen können“, erläutert Schulze. Igel seien nachtaktiv und keine Fluchttiere: „Wenn Gefahr droht, rollt sich der kleine Igel zusammen.“ Und der Mähroboter mähe „einfach über den Igel drüber“.
„Rücksicht auf unsere Wildtiere“
Der Gesetzentwurf der Grünen sieht vor, das Naturschutzgesetz um einen Satz zu ergänzen: „Das Mähen von nicht wirtschaftlich genutzten Rasen- und Grünflächen ist in der Zeit zwischen Einbruch der Dämmerung und Sonnenaufgang unzulässig, es sei denn, es werden geeignete Maßnahmen ergriffen, durch die Schmerzen, Leiden oder Schäden von Wirbeltieren verhindert werden.“ Auch andere Kleinsäuger und Amphibien sollen so geschützt werden.
„Ich besuche regelmäßig Igel-Rettungsstationen und habe grausam verstümmelte Tiere gesehen, die nachts vom Mähroboter erwischt wurden“, schilderte kürzlich die Grünen-Abgeordnete Mia Goller. „Ein bisschen Rücksicht auf unsere Wildtiere in der Nacht schadet niemandem und rettet Leben.“
Gefahren für Igel
Der Landesbund für Vogelschutz in Bayern (LBV) hatte vergangene Woche mitgeteilt, dass dem Verband innerhalb von zehn Jahren etwa 91.400 lebende und 36.600 tote Igel im Siedlungsbereich gemeldet worden seien. „Vor allem in städtischen Grünanlagen und privaten Gärten sind Igel häufig unterwegs“, sagte LBV-Biologin Angelika Nelson. „Unsere Daten bestätigen, dass sie dort oft Opfer des Straßenverkehrs oder Mähroboters werden.“
In ihrem Hauptlebensraum, dem Garten, fügt laut LBV der zunehmende Einsatz von Mährobotern und anderen elektrischen Gartengeräten wie Freischneidern den Igeln oft schwere Verletzungen zu, „an denen sie qualvoll verenden“. Nelson betonte: „Ein flächendeckendes Nachtfahrverbot für Mähroboter, wie es immer mehr Gemeinden in Deutschland einführen, wäre hier ein erster wichtiger Schritt.“
Antrag im Umweltausschuss gescheitert
Im Umweltausschuss des Landtags scheiterte die Grünen-Fraktion vor 13 Monaten mit ihrem Antrag, dass die Staatsregierung den nächtlichen Betrieb von Mährobotern unterbinden solle: CSU, Freie Wähler und AfD lehnten ihn ab, die SPD enthielt sich.
Die CSU-Abgeordnete Petra Loibl (CSU) verwies laut Sitzungsprotokoll auf die Eigenverantwortung der Gartenbesitzer und Mähroboter-Nutzer. Laut Benno Zierer von den Freien Wählern sollte das Problem auf Bundesebene gelöst werden, die SPD-Abgeordnete Anna Rasehorn argumentierte, es gebe mittlerweile technische Lösungen. Ingo Hahn von der AfD wandte ein, der europäische Braunbrustigel sei keine gefährdete Art. Seine Population sei stabil.
Zwar steht der Braunbrustigel oder Westigel nicht auf der Roten Liste der bedrohten Arten, allerdings auf der Vorwarnliste: Demnach zeigen Langzeitzählungen überfahrener Igel gerade in Bayern „einen stetigen Rückgang der Funde auf etwa ein Fünftel der 1976 vorhandenen Bestände“.
Ministerium: Bayern kann gesetzlich nichts tun
Eine Sprecherin des Umweltministeriums teilt auf BR-Anfrage mit, der Braunbrustigel sei nach dem Bundesnaturschutzgesetz besonders geschützt: „Es ist verboten, diese besonders geschützte Tierart zu fangen, zu verletzen oder zu töten.“ Eine zusätzliche landesrechtliche Regelung sei aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht möglich.
Das Umweltministerium setze daher auf Aufklärung. „Dazu zählt, die Bevölkerung hinsichtlich einer naturnahen Gartengestaltung im Allgemeinen und hinsichtlich des Igelschutzes beim Einsatz von elektrischen Gartengeräten im Speziellen zu sensibilisieren.“
Grüne widersprechen
Die Grünen-Abgeordnete Goller widerspricht der Darstellung, dass eine landesrechtliche Regelung unmöglich sei: Es gehe hier gar nicht um Artenschutz im engeren juristischen Sinne, sondern schlicht um eine Betriebszeitregelung für Gartengeräte. „Und solche Regelungen sind selbstverständlich möglich – wenn man es politisch will und den Mut hat, sich mit den Freunden akkurat gestutzter Rasenflächen auseinanderzusetzen.“