Die Sprossen des Quellers sind fleischig und leuchten hellgrün. Der Europäische Queller ist eine Salzpflanze, die in Küstenregionen wächst und gut mit salzhaltigen Böden klarkommt. Solche Pflanzen könnten bald eine wichtige Rolle in unserer Ernährung spielen, davon ist Susanne Baldermann überzeugt. Sie ist Professorin an der Fakultät für Lebenswissenschaften in Kulmbach, einer Außenstelle der Uni Bayreuth.
Algen sind so proteinhaltig wie Fleisch
Algen und Queller kommen immer häufiger auf unsere Teller, sagt die Lebensmittelchemikerin. „Die Pflanzen sind unseren klassischen Lebensmitteln sehr ähnlich. So haben die Algen im Labor zum Beispiel einen vergleichbaren Proteingehalt zu Fleischprodukten und die Salzpflanzen haben eine vergleichbare Menge an Mikronährstoffen, wie etwa Vitamin C oder das Provitamin A.“
Salzwasser als Grundlage für neue Pflanzenkulturen
Was kommt in Zukunft bei uns allen auf den Tisch? Für Susanne Baldermann ist das eine zentrale Frage für den globalen Nahrungsmittelmarkt. Trinkwasser wird knapp, ebenso ausreichende Ackerflächen. Was dagegen reichlich zur Verfügung steht, ist dagegen Meerwasser. Damit könnten Salzpflanzen und Algen kultiviert werden, so die Pläne der Wissenschaftlerin. Und diese Form des Pflanzenanbaus funktioniert auch weit weg von der Küste. „Wir haben in Deutschland viele Solequellen zur Verfügung, die man für die Produktion solcher Pflanzen nutzen könnte“, erklärt Baldermann.
Doch wo sollen diese Nahrungsmittel angebaut werden? Sogenannte Indoor-Kultivierungssysteme könnten die Lösung sein. Der Haken: Die Pflanzen bekommen in geschlossenen Räumen kein Sonnenlicht. Deshalb experimentiert Susanne Baldermann mit verschiedenen Lichtquellen, um den Pflanzen auch in geschlossenen Räumen ein gutes Wachstum zu ermöglichen. Mittels moderner Lichtsysteme könnte die Indoor-Kultivierung funktionieren. Erste Experimente stimmen die Forscherin zuversichtlich.
Indoor-Kultivierung statt Flächenfraß – auch im Bierkeller
Dann könnten die Pflanzen tatsächlich mitten in der Stadt angebaut werden. In Großstädten gibt es oft ungenutzte alte U-Bahnschächte oder leere Fabrikhallen, die sich für den Nahrungsmittelanbau eignen würden. Doch auch in Kulmbach vermutet die Wissenschaftlerin Plätze, die man künftig für den Pflanzenanbau nutzen könnte.
Von einem Stadtführer lässt sich Baldermann einen der historischen Bierkeller zeigen. Einer von mehr als 80, die unter der Kulmbacher Innenstadt liegen und in denen früher Bier kühl gelagert wurde. Heute steht der Großteil der Keller leer. Manche der unterirdischen Bauten sind mehr als hundert Meter lang und nach Ansicht der Forscherin gut geeignet für den Anbau von Pflanzen.
Schon im Sommer, so der Plan, will Susanne Baldermann in einem der Keller versuchsweise ein paar einzelne Pflanzen ziehen. Auch die Kultivierung von Algen könnte sie sich dort vorstellen. Und woher kommt die Energie für die Stromversorgung? Wünschenswert wäre, so die Forscherin, die Versorgung über Photovoltaikanlagen. Strom, der aus Sonnenlicht gewonnen wird, wäre die nachhaltigste Lösung für das Projekt.
Drei Gewächshäuser auf dem Dach der Universität
Baldermann ist überzeugt, dass die Forschung und Lehre im Bereich alternativer pflanzlicher Lebensmittel und Proteinquellen für die Generation ihrer Studenten von elementarer Bedeutung ist. Auf dem Dach des Lehrstuhls in Kulmbach hat die Forscherin bereits neue Versuchsflächen in drei Gewächshäusern. Auch hier will die Lebensmittelchemikerin mit Salzpflanzen experimentieren. Ein weiterer Schritt in der Forschung für die Ernährung der Zukunft.