Knapp 30 Grad Celsius warm ist das Mittelmeer derzeit in manchen Regionen, viel wärmer als sonst üblich. Das ist nicht nur vielen Urlaubern zu warm. Auch Meerestiere leiden unter der ungewöhnlich warmen Umgebung. Das seien die Konsequenzen dieser „marinen Hitzewellen“, wie Katja Matthes, Direktorin des GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel, sie nennt. Sie sind aber nicht nur für das Ökosystem Meer beträchtlich, sondern auch für das Klima und das Wetter.
Wie sich Meerestemperaturen in 30 Jahren entwickelt haben
Momentan seien die „Oberflächendurchschnittswerte“ im Mittelmeer mit 26 Grad sehr hoch, sagt die Meteorologin. „Das sind drei Grad über den Werten des Referenzzeitraums von 1991 bis 2020“, so Matthes. In manchen Regionen, etwa vor der spanischen Küste, sei die Wassertemperatur vier Grad höher, an der algerischen Küste sogar bis zu fünf Grad. Der Weltklimarat IPCC bezeichne das Mittelmeer daher schon als „Hotspot des Klimawandels“.
Wie die Ozeanerwärmung mit Wetterereignissen zusammenhängt
Hohe Temperaturen im Mittelmeer bedeuten auch, dass dort viel Wasser verdunstet. Das hat Folgen: „Wenn wir höhere Temperaturen haben, gibt es viel Feuchtigkeit, die in die Atmosphäre kommt“, erklärt Matthes. Diese Feuchtigkeit dort müsse sich abregnen.
Die gesammelte Feuchtigkeit kann bis nach Deutschland gelangen und hier abregnen. Bei entsprechender Wetterlage kann dies sogar als Starkregen mit möglichen Überschwemmungen geschehen – nämlich dann, wenn sich sogenannte Mittelmeertiefdruckgebiete bilden. Diese speziellen Tiefdruckgebiete entwickeln sich meist beim Aufeinandertreffen von extrem warmer Luft aus der Mittelmeerregion und extrem kalter Polarluft.
Auf ihrem Weg vom warmen Mittelmeer über Norditalien bis nach Deutschland können diese sogenannten 5b-Zyklone besonders viel Wärme und Feuchtigkeit aufnehmen. Auch in Mitteleuropa kann diese Konstellation Extremwetterereignisse wie Starkregen oder sogar Überschwemmungen auslösen. Flutkatastrophen wie jene in Valencia im Herbst 2024 oder im Ahrtal im Sommer 2021 seien auf dieses Wetterphänomen zurückzuführen, sagt Katja Matthes von GEOMAR. „Solche Extremereignisse auch an Land werden zunehmen“, prophezeit sie.
Warmes Mittelmeer heißt auch: warme Luft. Weil warme Luft mehr Feuchtigkeit aufnehmen kann, kommt es auch deshalb immer häufiger zu Starkregen und Überschwemmungen. Pro Grad Erwärmung sind es sieben Prozent mehr Wasser, die in die Atmosphäre gelangen können.
Warmes Meer – die Folgen für das Ökosystem in den Ozeanen
Aber nicht nur auf unser Wetter und das Klima wirken sich das immer wärmere Mittelmeer aus. Auch für das Ökosystem Meer hat es Folgen. Das warme Wasser „unterbricht“ die Nahrungskette, sagt Miriam Weber vom Forschungszentrum Hydra in Bühl. Denn viele Fischarten kämen mit den warmen Wassertemperaturen nicht zurecht, werden von sogenannten „Lauerjägern“ dann aufgefressen und fehlen den größeren Fischen schließlich als Nahrung.
Ein weiteres Problem: Blaualgen wachsen in warmem Wasser besonders gut – mit schlimmen Folgen für das Ökosystem im Mittelmeer. „Die Blaualgen leben nicht sehr lange, sterben dann ab und ihre Zersetzung verbraucht Sauerstoff. Somit haben wir Zonen mit niedrigerem Gehalt an Sauerstoff oder sogar gar keinen mehr“, erklärt die Meeresbiologin. Viele Tierarten sterben in diesen sogenannten Todeszonen.
In kühlere Regionen zu wandern, wie es viele Fische und andere Tierarten versuchen, diese Möglichkeit sei im Mittelmeer begrenzt, sagt die Wetterexpertin Matthes. „Wir sehen Massensterben von Schwämmen und Korallen, von Seegräsern, die einfach diese Temperaturen nicht kennen“, beklagt sie. Was dagegen hilft? An den ambitionierten Klimazielen festzuhalten, denn Klimaschutz sei Meeresschutz, sagt Matthes.