Zwei oder drei Bildschirme, ein bis zwei Handys, dazu vielleicht noch ein Tablet: Der moderne Büroarbeitsplatz bietet Digitaltechnik und Kommunikationsmöglichkeiten im Überfluss. Neben dem traditionellen Telefon poppen immer wieder Messenger-Nachrichten auf und auf Kooperations-Plattformen gibt es diverse Chat-Kanäle und man hangelt sich von Videotelefonat zur nächsten Videokonferenz.
Flexibler Arbeiten mit hohem Stresspotential
All diese Möglichkeiten können den Arbeitsalltag flexibler und produktiver machen. Viele der Systeme sind zum Beispiel die Basis für die Möglichkeit, im Homeoffice zu arbeiten. Doch zugleich könnten die digitalen Helfer auch gehörigen Stress verursachen, sagt René Riedl, Professor für Digitales Business und Innovation an der FH Oberösterreich in einem Interview in der ARD Infonacht. „Die zunehmende Integration von Informations- und Kommunikationstechnologien in den Arbeitsalltag kann durchaus hohes Stresspotenzial haben“, so Riedl. Studien hätten zum Beispiel nachgewiesen, dass der Blutdruck steige, wenn verschiedene Anwendungssysteme gleichzeitig verwendet würden.
Falscher Umgang mit der Technik
Eine der Hauptursachen für den Stress seien dabei falsche Erwartungshaltungen im Umgang mit den unterschiedlichen Programmen. So würden beispielsweise viele Menschen laut entsprechenden Studien möglichst sofort auf E-Mails antworten. „Die Erwartungen sind natürlich da, aber gerade bei E-Mail ist es so, dass es, was die Arbeitsproduktivität und natürlich dann auch das eigene Stressempfinden und die Belastung betrifft, sehr kontraproduktiv ist, wenn wir hier ständig auf alles reagieren“, erklärt Riedl.
Die richtige Wahl der Kommunikationsmittel
E-Mail sei eigentlich ein asynchrones Kommunikationsmittel, das es dem Mailpartner freistelle, wann er antworte. Die richtige Wahl des Kommunikationsmediums sei wichtig: Wenn jemand sofort eine Antwort brauche, könne er telefonieren. So habe das eigene Nutzerverhalten einen sehr großen Einfluss darauf, wie viel Technostress wir hätten, sagt der Professor für Digital Business und Innovation.
„Wir tappen in die Multitasking-Falle“
Kooperationsplattformen wie Teams, Confluence, Jira und andere böten sehr viel Potenzial für die permanente Interaktion mit Kolleginnen und Kollegen. „Und das hat dann großes Stresspotenzial, weil man quasi in die Multitasking-Falle, so nenne ich das, hineintappt“, sagt Riedl.
Vor diesem Hintergrund müssten auch Arbeitgeber ihre Erwartungshaltung überprüfen. „Die bloße Einführung selbst und dann darauf zu hoffen, dass die positiven Wirkungen sich von selbst entfalten, das ist selten der Fall“, betont Riedl. Man brauche stattdessen eine proaktive, benutzerfreundliche Einführungsstrategie.
Unreflektierter Umgang verursacht Stress und die Produktivität sinkt
Riedls Fazit: Bei der Verwendung digitaler Kommunikationsmedien werde „einfach viel zu unreflektiert agiert und man wundert sich dann, warum die Arbeitsproduktivität sinkt und die kognitive Belastung, der Stress, zunimmt“. Umgekehrt kann eine veränderte Erwartungshaltung, Selbstdisziplin im Umgang mit den Systemen und die richtige Wahl des geeigneten Kommunikationsmediums helfen, den Technostress zu reduzieren und zugleich die Produktivität zu steigern.

