Kreuzotterbiss ist ein medizinischer Notfall
Entgegen der landläufigen Meinung sind Kreuzottern also keine aggressiven Schlangen, die von sich aus angreifen. In Arrach im Oberpfälzer Landkreis Cham lebt eine Familie seit vielen Jahren mit den Giftschlangen im Garten, ohne dass jemand gebissen wurde.
Dennoch sei das Gift der Kreuzottern nicht zu unterschätzen – ein Biss ist immer ein medizinischer Notfall, sagt Dr. Raphael Stich, geschäftsführender Oberarzt in der Abteilung für klinische Toxikologie am Münchner Klinikum rechts der Isar und beim Giftnotruf München.
Im Klinikum rechts der Isar werden pro Jahr etwa zwischen fünf und zehn Patienten wegen eines Kreuzotterbisses stationär behandelt. Komplikationen seien vor allem Schmerzen, die Schwellung und ein mögliches Kompartmentsyndrom. Das bedeutet, dass die Schwellung an den Extremitäten so stark wird, dass deren Durchblutung nicht mehr gewährleistet ist. Im schlimmsten Fall könnte das eine Amputation nötig machen. Bei gesundheitlich vorbelasteten Menschen – also etwa herzkranken, multimorbiden oder jungen Patienten, die weniger Körpergewicht haben – könne das Gift durchaus eine systemische Wirkung haben, so Stich. Es sei sehr selten, aber möglich, an einem Kreuzotterbiss zu sterben.
Nicht bei jedem Schlangenbiss wird auch Gift abgegeben
Abhängig sei das auch von der Tiefe des Bisses und der Menge des Gifts. Bei etwa 20 Prozent der Schlangenbisse werde gar kein Gift abgegeben – dann passiere bis auf die Lokalreaktion an der Wunde nichts.
Wichtig ist das richtige Verhalten nach einem Biss: Man sollte die Bissstelle möglichst ruhig halten. Falsch wäre es, die Wunde auszusaugen, abzubinden oder sonst irgendwie zu manipulieren. Da die meisten Bisse in der Freizeit, zum Beispiel beim Wandern, passieren und Beine oder Füße betreffen, sollte man den Rettungsdienst rufen und nicht noch ewig weit laufen. Durch die Bewegung und Muskelaktivität würde sich das Gift nur schneller im Körper verbreiten und die Schwellung nehme dann stark zu.
Menschlicher Körper reagiert immer auf Kreuzottergift
Wenn man von einer Kreuzotter gebissen und tatsächlich Gift appliziert wird, gebe es eigentlich immer eine schmerzhafte körperliche Reaktion, die mit einer Schwellung einhergeht, so Dr. Raphael Stich. Sollte man nach einem Biss keine Reaktion zeigen, sei die Schlange mit großer Wahrscheinlichkeit keine Kreuzotter oder sie habe kein Gift abgegeben. Auch bei jungen Kreuzottern könne es vorkommen, dass sie noch kein so potentes Gift haben, dass es zu einer Reaktion beim Menschen kommt.