Gewaltenteilung als Schutzschild
Mit Blick auf den Schutz der Demokratie ist für Rechtswissenschaftler Lennart Laude vom „Verfassungsblog“ (externer Link) klar: „Solange eine funktionierende Gewaltenteilung da ist, wäre es sicher mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden, sehr extreme Wahlversprechen zu verwirklichen.“ Wenn also populistische oder gar extreme Parteien an der Bundesregierung beteiligt wären, können sie vorerst Gesetze nicht jenseits des Grundgesetzes ändern, stimmt von Lewinski zu.
Das Bundesverfassungsgericht überwacht gegebenenfalls die Einhaltung des Grundgesetzes bei der Gesetzgebung. Was aber ist, wenn sich die Regierung nicht an Entscheidungen aus Karlsruhe hält? „Das Bundesverfassungsgericht hat leider keine Kavallerie, die dann losreitet und das durchsetzt“, sagt Kai von Lewinski. Wenn jemand die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ignoriere, sei das „das offene Ende des Systems Bundesverfassungsgericht.“
Populistische Regierungen: Wie werden Verfassungen ausgehebelt?
Polen und Ungarn waren bzw. sind Beispiele, wie populistische Regierungen mithilfe vermeintlich demokratischer Mittel Einfluss und Kontrolle im Justizapparat ausbauen. Laut Lennart Laude gehört es dabei zur Strategie, sich „zu inszenieren als die Verteidiger der Demokratie, des Rechtsstaats.“
Gleichzeitig würden, so Laude, aber die Instrumente der Demokratie im eigenen Sinne der populistischen Machthaber instrumentalisiert: In kleinen und scheinbar mäßigen Schritten könnte sich so „ein Weg ergeben, der hin zu einem autoritären Staat führt und der dahinführt, dass diese Partei nicht mehr wirklich abgewählt werden kann.“
Das ungarische Justizsystem zum Beispiel wurde einst nach deutschem Vorbild aufgebaut. Mehrere Justizreformen hebelten jedoch die Gewaltenteilung zunehmend aus. So darf inzwischen nur noch die Regierungsfraktion die Verfassungsrichter vorschlagen und nicht mehr, wie früher, ein paritätischer Ausschuss. Zudem wurden linientreue zusätzliche Richter berufen. So konnte die populistische Regierungspartei Fidesz von Viktor Orbán dafür sorgen, dass die Gewaltenteilung theoretisch zwar noch besteht, aber de facto nicht mehr unabhängig funktioniert.
„Die Verfassung kann sich nicht selbst schützen“
Ist die Demokratie in Deutschland ausreichend resilient oder kann eine einflussreiche populistische oder gar extremistische Partei die Demokratie mit ihren eigenen Waffen aushebeln und zerschlagen?
„Unser Grundgesetz hat uns aus einer sehr schwierigen historischen Phase hinausgeführt. Wir vertrauen darauf, dass diese Mechanismen weiter funktionieren werden und die werden von einem Großteil der Bevölkerung auch weiter unterstützt. Zugleich muss man sich vor Augen führen, dass eine Verfassung sich nicht selbst schützen kann. Letztlich kommt es darauf an, dass die Werte der Verfassung auch von den einzelnen Menschen in Deutschland gelebt werden, und […] und bereit sind, sie zu verteidigen.“ Lennart Laude, „Verfassungsblog“
Rechtsprofessor von Lewinski: „Es hilft wahrscheinlich nichts anderes, als auf die Vernunft der Menschen zu vertrauen, das ist die Grundannahme der Demokratie und wir wollen eigentlich nicht denken, dass wir zu dumm dafür sind.“