Dieser Artikel fasst den Stand der Hochwasserlage am Morgen des 3. Juni zusammen. Die aktuellsten Entwicklungen finden Sie in unserem Hochwasser-Ticker.
In den schwäbischen Landkreisen Günzburg und Donau-Ries mussten am Abend mehrere Orte evakuiert werden. Zu Wochenbeginn soll es wieder kräftige Gewitter und Starkregen geben. Bundeskanzler Olaf Scholz und Bundesinnenministerin Nancy Faeser reisen ins Hochwassergebiet nach Bayern.
Nach tagelangem Dauerregen sind in vielen Regionen vor allem in Bayern und Baden-Württemberg Flüsse und Bäche über die Ufer getreten. Zahlreiche Dämme sind gebrochen. Viele Menschen mussten teilweise mit Hubschraubern aus ihren Häusern und Wohnungen geholt werden. Und vor allem flussabwärts entlang der Donau werden die Höchststände der Pegel erst noch erwartet.
Schwaben: Luftrettung in Günzburg, Pegel steigt in Donauwörth
So wurden in Günzburg insgesamt zwölf Menschen von Luftrettungsspezialisten der Wasserwacht Bayern mithilfe eines Polizeihubschraubers von Balkonen oder Hausdächern gerettet. Wie das Bayerische Rote Kreuz in der Nacht mitteilte, waren dort aufgrund der Wassermassen ein Verlassen des Hauses und auch eine Evakuierung etwa mit einem Flachwasserboot nicht mehr möglich.
Auch im benachbarten Offingen gehen die Evakuierungsmaßnahmen am Morgen weiter, die Polizeieinsatzzentrale sprach von 82 Menschen, die in diesen Stunden aus den Wohnungen geholt werden müssen und in Notunterkünften unterkommen. Der Pegel der Donau ist in Günzburg derzeit rückläufig. In Donauwörth hingegen schwillt der Fluss stündlich weiter an, die Meldestufe vier (540 cm) ist längst überschritten, Tendenz weiter steigend.
Eine der zwei Hauptverkehrsbrücken in Donauwörth wurde gesperrt. Zudem sei die angrenzende Bundesstraße 2 zwischen Nordendorf und Mertingen nicht mehr befahrbar, teilte das Landratsamt mit. Umleitungen seien eingerichtet. Auch in den Bereichen Rain und Nördlingen seien Straßen gesperrt. Nach Angaben eines Sprechers des Landratsamtes kamen Hunderte evakuierte Menschen entweder privat oder in Notunterkünften unter.
Niederbayern und Oberpfalz: Höchststände erwartet
Auch in Niederbayern bleibt die Lage angespannt: Laut Hochwassernachrichtendienst (HND) hat die Donau bereits vielerorts Meldestufe 4 erreicht, die Höchststände werden aber noch erwartet. Momentan liegt der Donaupegel in Kelheim mit fast sieben Metern weit über der höchsten Meldestufe vier. Das bedeutet, dass bebaute Gebiete in größerem Umfang überflutet oder der Einsatz der Wasser- oder Dammwehr in großem Umfang erforderlich ist. Vom Landkreis Straubing-Bogen bis zum Kreis Passau werden die Scheitel der Wasserstände ebenfalls bis heute Mittag erwartet, bei Passau soll die Donau am Abend ihren Höchststand erreichen.
In der Oberpfalz blickt man besorgt nach Regensburg. Dort liegt der aktuelle Pegelstand bereits über der höchsten Meldestufe vier. Der Hochwasserscheitel soll jedoch erst morgen erreicht werden und dann mehrere Tage hinweg über Meldestufe vier bleiben. Weil dann der Grundwasserspiegel sehr hohe Werte erreichen kann, empfiehlt die Stadt Keller in Flussnähe zu Donau und Regen auszuräumen. Außerdem sollen Fahrzeuge aus Tiefgaragen entfernt und Öltanks überprüft werden.
Dämme in Manching und Landkreis Pfaffenhofen gebrochen
In der Ortschaft Ebenhausen-Werk bei Reichertshofen im bayerischen Landkreis Pfaffenhofen ist nach Behördenangaben in der Nacht zu Montag ein Damm an mehreren Stellen gebrochen. Es geht um den Damm des Flusses Paar. Das sagte eine Sprecherin des Landeratsamtes am Montagmorgen. In den betroffenen Gebieten in Baar-Ebenhausen und Manching seien alle Bewohner aufgefordert, in ihren Wohnungen und Häusern das Erdgeschoss zu verlassen und höhere Stockwerke aufzusuchen. Bis zu 800 Menschen wurden in Baar-Ebenhausen in Sicherheit gebracht. In der Grund- und Mittelschule Reichertshofen seien rund 250 Betroffene untergebracht. In mehreren Landkreisen bleiben die Schulen geschlossen. Im Landkreis Neuburg-Schrobenhausen wird eine 43-jährige Frau vermisst. Die Polizei sucht weiter nach der Frau. Sie wird in einem überfluteten Keller vermutet.
Ein weiterer Damm ist in Manching-Pichl im Landkreis Pfaffenhofen gebrochen. Das meldet das Landratsamt. Die Bewohner werden aufgefordert, umgehend das Erdgeschoss in ihren Häusern und Wohnungen zu verlassen und höhere Stockwerke aufzusuchen. Betroffen sind hiervon aktuell folgende Straßen: Benediktstraße – Martinstraße – Peterstraße. Notwendige Evakuierungsmaßnahmen werden durch die Feuerwehr eingeleitet. Es wird zudem darum gebeten, aufmerksam auf Durchsagen und Anweisungen der Einsatzkräfte vor Ort zu achten.
In insgesamt dreizehn Regionen wurde der Katastrophenfall ausgerufen: Augsburg, Dachau, Dillingen, Donau-Ries, Freising, Günzburg, Kelheim, Neu-Ulm, Pfaffenhofen, Schrobenhausen, Straubing-Bogen, Unterallgäu. Und nun hat auch Regensburg den Katastrophenfall ausgerufen. Die Wasserhöhe der Donau am Messpunkt Eiserne Brücke habe in den frühen Morgenstunden einen Stand von 5,80 Meter erreicht, teilte die Stadt am Montag mit. Der Hochwassernachrichtendienst Bayern meldete um 7.00 Uhr dann 5,90 Meter. In ganz Unterfranken entspannt sich derzeit die Hochwassersituation. Nur in den Landkreisen Würzburg und Kitzingen gilt noch eine Warnung vor Ausuferungen und Überschwemmungen.
Zehntausende Rettungskräfte unermüdlich im Einsatz
Für die Rettungskräfte steigt währenddessen die Gefahr bei den Einsätzen gegen die Wassermassen, vor allem wenn gestautes Wasser auf Stromleitungen trifft oder es zu Blitzschlägen kommt.
Bei einem Rettungseinsatz im oberbayerischen Pfaffenhofen ist am Wochenende ein 42-jähriger Feuerwehrmann ums Leben gekommen. Ein weiterer 22-jähriger Feuerwehrmann wird in Schwaben vermisst.
Laut Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) waren seit Beginn des Hochwassers in Bayern fast 40.000 Kräfte von Feuerwehren, Polizei, Deutschem Rotem Kreuz, Technischem Hilfswerk und der Bundeswehr im Einsatz. Dem Bundesverteidigungsministerium zufolge helfen rund 800 Soldatinnen und Soldaten mit Sandsäcken, Decken und Fahrzeugen. Unterstützung kommt auch aus dem Nachbarbundesland Baden-Württemberg. Vor allem im schwäbischen Grenzgebiet sind Einsatzkräfte von dort unterwegs. Zudem werde ein Wasserrettungszug aus Ulm im Landkreis Günzburg eingesetzt, um die Evakuierung von Personen zu unterstützen.
Hochwasser und Verkehr: Straßensperrungen und Zugausfälle
Der anhaltende Regen und die angespannte Hochwasserlage beeinträchtigen auch weiterhin den Auto- und Bahnverkehr in Süddeutschland. Viele Straßen sind überflutet und deshalb gesperrt. Wegen der Unwetterschäden müssen Bahnreisende in Bayern und Baden-Württemberg auch am Montag mit Zugausfällen und Verspätungen im Fernverkehr rechnen, wie die Deutsche Bahn auf ihrer Webseite mitteilte. Demnach können derzeit keine Fernverkehrszüge aus Richtung Stuttgart, Würzburg und Nürnberg nach München fahren.
Zu Zugausfällen kommt es unter anderem auf den Strecken zwischen München und Berlin sowie zwischen Stuttgart und Frankfurt. Bei den noch verkehrenden Zügen müssten Reisende mit einer hohen Auslastung rechnen. Von Reisen in die betroffenen Hochwassergebiete in Bayern und Baden-Württemberg rät die Bahn zudem ab. Reisende könnten ihr Ticket zu einem späteren Zeitpunkt nutzen, hieß es.
Söder ruft Bund zur Mithilfe auf
Angesichts der dramatischen Lage in den bayerischen Hochwassergebieten hat Ministerpräsident Markus Söder (CSU) die Bevölkerung aufgerufen, der Aufforderung zur Evakuierung unbedingt Folge zu leisten. „Das Wasser steigt dann sehr, sehr schnell und das Wasser ist einfach gefährlich“, warnte der CSU-Chef im Bayerischen Rundfunk. Die Lage sei vielerorts „ernst und kritisch“. Der bayerische Ministerpräsident forderte zudem auch finanzielle Hilfe vom Bund: „Das Wasser bleibt zwar nicht lange, aber die Schäden bleiben lang und sind enorm.“ Daher sei wichtig, dass „neben der Solidarität und der Empathie natürlich am Ende auch die Hilfe steht“. Es sei von „enormen finanziellen Schäden“ auszugehen. Bayern werde selbstverständlich seien Beitrag leisten, er hoffe aber auch auf Hilfe des Bundes.
Mit weiterem Regen muss gerechnet werden
Der Deutsche Wetterdienst (DWD) hob in der Nacht zu Montag alle bestehenden Unwetterwarnungen vor schweren Gewittern mit Starkregen für Deutschland zwar auf. Allerdings muss vor allem in Süddeutschland aber noch gebietsweise mit schauerartigen Regenfällen gerechnet werden, wie der DWD am frühen Montagmorgen mitteilte. Ab Mittag sollen dann vor allem Gebiete südlich der Donau sowie am Bayerischen Wald betroffen sein. Kleinräumig könnten dann auch Unwetter nicht ausgeschlossen werden.
Bis zum Abend könnten sich die Unwetter allmählich auch nach Süden, bis zum Hochrhein und ins nördliche Alpenvorland ausbreiten, hieß es. Am Abend sind auch an den Alpen erste kräftige Gewitter mit Starkregen möglich. Auch für den Osten Deutschlands erwartet der DWD ab dem Nachmittag Gewitter mit großen Mengen Starkregen innerhalb kurzer Zeit.