„Putin will sich weder an der Nase herumführen lassen, um dann [vor dem Internationalen Strafgerichtshof] in Den Haag zu landen, noch will er sich von lächelnden ‚Freunden‘ Nahrungsergänzungsmittel in seinen Tee mischen lassen. Unser Präsident sollte dringend die Sicherheitsbestimmungen verschärfen lassen)“, schimpft der russische Ultrapatriot Igor Skurlatow (515.000 Fans) und nennt alle Landsleute, die für Verhandlungen mit den USA und der Ukraine eintreten „Verräter“ und „Kriminelle“.
„Nicht alle auf Wende vorbereitet“
Das jüngste Telefonat zwischen Donald Trump und Putin kommt bei russischen Rechtsradikalen gar nicht gut an. „Was wir brauchen, ist nicht Trumps Gnadenakt, sondern einen Sieg. Den wird uns niemand schenken“, so Alexander Dugin (78.000 Follower), ein extremistischer „Philosoph“, der auch gern als Chefideologe des Kremls bezeichnet wird.
Die zaghaften Annäherungsversuche zwischen Washington und Moskau drohten Teile der russischen Elite in gehörige Verwirrung zu stürzen, argumentiert der Kolumnist des Wirtschaftsblatts „Kommersant“, Dmitri Drise: „Es ist klar, dass möglicherweise nicht alle wichtigen Akteure auf dem russischen Schauplatz auf eine solche Wende der Ereignisse vorbereitet sind.“ Wenn nicht alles täusche, bereite sich der Kreml darauf vor, die bisherige „Parteilinie“ zu korrigieren und sich von den bisher viel gepriesenen „traditionellen Werten“ zu verabschieden.
„Dem Kreml droht Destabilisierung“
„Generell bringt das die Gefahr neuer Orientierungslosigkeit unter den Eliten mit sich, sowie eine neue Runde im Kampf um den ‚Platz an der Sonne'“, so Drise. Das Hauptproblem seien Trumps Wankelmütigkeit und Impulsivität. Wenn sich herausstellen sollte, dass er es mit Putin doch nicht so gut meine, wie derzeit spekuliert werde, drohe dem Kreml eine Destabilisierung und eine „ernste Gefahr des Systemungleichgewichts“, weil die Eliten mit dem Tempo der Kehrtwenden überfordert seien.
Um die politische Balance im Kreml fürchtet auch Polit-Blogger Dmitri Sewrjukow. Eine Rückkehr zur früheren Normalität sei schlicht unmöglich, dass beide Seiten gleichermaßen nachgäben, undenkbar: „Im Chaos und Nebel des Geschehens kann man nicht nur die Sicht, sondern auch das Gleichgewicht leicht verlieren, und so kann man in einen vielschichtigen diplomatischen Prozess mit einer bestimmten Annahme einsteigen, aber tatsächlich mit völlig anderen Ergebnissen herauskommen.“