Das Unfassbare im Gewand eines Märchens
Hazanavicius schildert das Unfassbare in seiner Verfilmung wie ein Märchen. Er erzählt von den Ärmsten, die unter schwierigsten Bedingungen leben, von rauen Holzfällern, die sich nach der harten Arbeit bei Schnapps offen dem Fremdenhass hingeben. Und auch der Bauersfrau misstrauisch begegnen, nachdem sie das Kind aus dem Zug aufnimmt.
Doch es geht auch darum, wie Menschen aus dem Fremdenhass erwachen. Der Holzfäller lernt schnell, dass das Kind natürlich einen Herzschlag hat, dass die „Herzlosen“, wie er sie nennt, ein Herz haben. Und verfällt der Kleinen – eine der schönsten Szenen des Films – mit Haut und Haaren. Hass wandelt sich zu Nächstenliebe.
Die grundlegenden Zeichnungen für den Film hat der Regisseur selbst angefertigt. „Das kostbarste aller Güter“ bewegt sich ästhetisch weit jenseits der computergenerierten Perfektion der Disney-Pixarfilme. Die Zeichnungen wirken wie Scherenschnitte.
Animation schafft Distanz
Hazanavicius erzählt hier von unfassbarem Grauen, aber nicht in expliziten Bildern. Eher bleibt der Schrecken im Hintergrund erahnbar. Dadurch erhält der Film eine ganz besondere Wirkung.
Animation schaffe Distanz, sagt der Regisseur. „Wenn man etwas für Kinder macht, muss man sie schützen. Man will ihnen erzählen, was passiert ist, und man will ihnen die Wahrheit der Geschichte erzählen. Aber man will sie nicht traumatisieren.“ Aus dem Grund habe er sich gegen eine Realverfilmung entschieden.
Das Ergebnis ist ein kleines Meisterwerk. Eine Ode an das Leben, ein bewegendes Plädoyer, dass die Würde eines jeden Menschen unantastbar ist. Und ein Film, der Hoffnung macht, weil er zeigt, wie Menschen aus Fremdenhass und Misstrauen erwachen können.