So lang war bisher noch keine Durststrecke: seit Ende 2019 stagniert die deutsche Wirtschaft. Und auch für das aktuelle Jahr sind die Erwartungen der Münchener Forschenden vom ifo-Institut nur verhalten. Erwartet wird ein Mini-Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 0,2 Prozent, teilte das Institut am Montag mit. Es senkte damit seine vorherige Prognose um 0,2 Prozentpunkte ab.
Um 0,8 Prozent könnte das Bruttoinlandsprodukt dann im nächsten Jahr wachsen. Allerdings nur, wenn es keine weiteren großen Erschütterungen auf der Weltbühne gibt und wenn die Schulden, die jetzt gemacht werden sollen, auf Reformen fußen.
Ifo und OECD senken Konjunkturprognose
Ifo-Chef Clemens Fuest hat das bei der Präsentation der Zahlen so formuliert: „Schulden machen kann jeder“. Aber über Schulden allein seien die Probleme nicht zu lösen. Vor allem die neuen Milliarden für Sicherheit und Verteidigung bedeuteten einen Wohlstandsverlust für Deutschland. Deshalb müssten Ausgaben jetzt dringend umgeschichtet werden. Auch wenn das darauf hinauslaufe, „den Gürtel enger zu schnallen.“
Genau wie das ifo-Institut hat auch die Welthandelsorganisation OECD ihre Wachstumsprognose für dieses Jahr nach unten korrigiert. Allerdings erwartet die OECD immerhin noch ein Plus von 0,4 Prozent. Für 2026 erwartet die OECD immerhin 1,1 Prozent beim BIP.
Viele Gründe, nur eine Möglichkeit: Sparen
Die Gründe für diese Korrekturen sind vielfältig. Da ist zum einen die Auftragslage in Deutschland. Gut jedes zweite Industrieunternehmen in Deutschland klagt derzeit über mangelnde Aufträge. Beim Bau sind es 40 Prozent, bei den Dienstleistern noch 30 Prozent.
Dann gibt es viele Ungewissheiten: Ohne genügend Aufträge fallen auch die Exporte als Zugpferde aus. Die US-Wirtschafts- und Zollpolitik bleibt die große Unbekannte für Europa, heißt es beim ifo-Institut. Es könnte für die Exportwirtschaft sogar noch schlimmer kommen. Vor allem China ist zum unbequemen Konkurrenten geworden, mitten im Strukturwandel, in dem viele Industriebranchen derzeit stecken.
Außerdem geben die Konsumentinnen und Konsumenten vergleichsweise wenig Geld aus, die Konsumlaune bleibt verhalten. Immerhin hätten die Verbraucher angefangen, einen Teil ihrer Ersparnisse auszugeben. Weil sich Löhne und Inflation jetzt aber im Gleichschritt nach oben bewegen, wird sich die Kaufkraft in den kommenden Monaten kaum wesentlich erhöhen. Das hat auch zur Folge, dass die Unternehmen nur äußerst zurückhaltend investieren.
Wollmershäuser: „Eigentlich stecken wir in einer Stagflation.“
Bei der Vorstellung der neuen ifo-Daten sagte Timo Wollmershäuser: „Eigentlich stecken wir in einer Stagflation.“ Wollmershäuser ist der Konjunkturchef des Wirtschaftsforschungsinstituts aus München. Das heißt, die deutsche Wirtschaft steckt fest, aber die Inflationsrate dürfte in diesem Jahr dennoch 2,3 Prozent erreichen, im kommenden Jahr dann 2,0 Prozent.