„Ich will mich noch einmal ganz besonders an die junge Generation wenden“, das sagt Kanzler Merz in seiner ersten Regierungserklärung vor einer Woche wichtig – ein Appell, die Zukunft gemeinsam zu gestalten. Auch Jugendministerin Karin Prien (CDU) und die jüngste Ministerin der Regierung, Alabali-Radovan (SPD), sprechen von einem neuen Generationenvertrag.
Wie nötig dieser ist, zeigt die aktuelle Studie „Jugend in Deutschland 2025“ (externer Link, möglicherweise Bezahlinhalt): Das Vertrauen junger Menschen in die Politik bröckelt. Ihre Forderung an die neue Bundesregierung ist klar: nicht nur reden, sondern handeln – für bezahlbaren Wohnraum, gerechte Bildung, faire Renten und echte politische Teilhabe.
Junge Generation: Zukunftssorgen, aber mit Hoffnung
Über 6.000 junge Menschen im Alter zwischen 14 und 29 Jahren wurden für die repräsentative Studie befragt. Das zentrale Ergebnis: Obwohl die junge Generation in einer Welt voller Unsicherheiten aufwächst, bleibt sie hoffnungsvoll. Die Befragten sind zwar alarmiert, aber nicht resigniert.
Krieg, Inflation, Wohnungsnot, Klimakrise: Die Lebensrealität junger Menschen in Deutschland ist von tiefgreifenden Unsicherheiten geprägt, und dennoch: „Wir haben uns auch ein bisschen gefreut“, meint Studienautor Simon Schnetzer aus dem Allgäu zu den Ergebnissen. Denn: Der Blick in die eigene Zukunft bleibt bei den jungen Befragten trotzdem positiv. 65 Prozent glauben für sich persönlich an eine positive Zukunft.
Vertrauen in Politik bröckelt – Extreme gewinnen
Unzufrieden zeigt sich die Jugend weiterhin im Hinblick auf die Politik: das Vertrauen schwindet. Zwar sind junge Menschen politisch offen, interessiert und bereit zur Mitgestaltung – zugleich aber tief enttäuscht vom politischen System. Das Gefühl, mit ihren Sorgen und Lebensrealitäten in der etablierten Politik kaum wahrgenommen zu werden, hat Spuren hinterlassen, wie die Studienautoren ausführen. Die Folge macht sich bei Wahlen bemerkbar: Eine wachsende Zahl junger Menschen wendet sich extremen Kräften zu – links wie rechts. Nicht aus Überzeugung, sondern aus Frust. Der Wunsch nach Orientierung in einer komplexen Welt macht sie anfällig für einfache Antworten, so die Autoren.
Größte Unsicherheit: Finanzen und Rente
Das Thema Geld und die Rentenfrage werden dabei zum Prüfstein der Generationensolidarität. Trotz persönlicher Belastung – 20 Prozent der befragten jungen Menschen, gaben an verschuldet zu sein – wären viele bereit, steigende Rentenkosten zu tragen, um die Absicherung der Älteren zu gewährleisten. Dies geschieht jedoch bei drastischem Vertrauensverlust: Lediglich elf Prozent der Jungen glauben, später selbst eine sichere Rente zu bekommen. Geld ist daher ein Motivator für die junge Generation – aber nicht, um an Luxus zu gelangen, sondern um sich sicher zu fühlen (77 Prozent). Das zeigt auch der Wunsch nach finanzieller Bildung, denn: Viele junge Menschen sind finanziell verunsichert.
Leistungsbereit, aber am Limit?
Doch es besteht auch Optimismus – ein entscheidender Faktor dabei sind die vorhandenen guten Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Das Vorurteil „Jugend sei faul“, werde mit der Studie widerlegt, so Jugendforscher Schnetzer. 81 Prozent der Befragten sind Vollzeit berufstätig und damit „Spitzenreiter aller Altersgruppen“. Engagement ist da, aber es hat seinen Preis: Ein Drittel der jungen Erwerbstätigen fühlt sich regelmäßig ausgebrannt.
Generell zeigt sich in der Studie: Junge Menschen sind psychisch stark belastet. Demnach berichtet fast jeder Zweite von einem hohen Stressniveau (49 Prozent), gefolgt von Erschöpfung und Selbstzweifeln (32 Prozent) sowie Antriebslosigkeit (30 Prozent).
Smartphone, Social Media und Sucht
Besorgniserregend: Fast ein Viertel der jungen Menschen schätzt ihren psychischen Zustand so ein, dass eine Behandlung nötig wäre. Stress ist zwar für die junge Generation „typisch“, meint Schnetzer. Die Phase der Jugend zeichnet sich durch viele Fragezeichen aus. Doch was hinzu kommt: Stress durch Social-Media und Smartphone-Nutzung. Über die Hälfte (55 Prozent) sehen in Social Media einen Treiber psychischer Belastungen. Viele der Befragten sprechen gleichzeitig von einer Social-Media-Sucht.
Auf den Plattformen gehören Hass, Fake-News, Extremismus sowie Verschwörungstheorien zur digitalen Lebenswelt der Jugendlichen – die Studienautoren fordern daher eine Plattformregulierung: Die Tech-Konzerne müssten in die Pflicht genommen werden. Gleichzeitig brauche es mehr Medien- sowie Demokratiebildung in und außerhalb von Schulen. Insgesamt pochen die Autoren – wie viele andere Studien – darauf, die Stimmen von Kindern und Jugendlichen ernst zu nehmen. Vor allem in der Politik. Jetzt ist die neue Regierung am Zug, die Studienergebnisse richtig zu deuten und das Wort „Generationenvertrag“ mit Leben zu füllen.