Ein Schal in edel glänzendem Silbergrau und hellem Gelb, das Muster zeigt rankende Lindenblätter, gewebt wurde der Stoff an einem Jacquard-Webstuhl. Ein ovaler Kettenanhänger aus geflammtem Titan: die faszinierende Farbe changiert zwischen tiefem Enzianblau und Flieder. Oder eine Reihe von Porzellanvasen mit Glasuren in zartem hellgrün und blaugrau, mitten drauf eine Art kleiner Bilder-Stempel: ein grafisches Kunstwerk mitten auf der nützlichen Vase.
„Wege zum Kunsthandwerk“ heißt die neue Schau in der Galerie des Bayerischen Kunstgewerbevereins und sie zeigt diesmal nicht nur die faszinierenden Objekte, sondern präsentiert auch die Menschen, die sie gemacht haben und ihre persönlichen Wege in den Beruf: die gelernte Handweberin Sylvia Wiechmann, die sich auf Damast und Jacquard spezialisiert hat, die Keramikerin Elisabeth Klein, die nach einer klassischen Ausbildung an der Berufsfachschule für Keramik in Landshut und ihrer Gesellentätigkeit noch ein Jahr in England studiert hat oder auch die Schmuckkünstlerin Nicola Heidemann, eine astreine Autodidaktin. Die Erkenntnis dieser Ausstellung: die Wege zum Kunsthandwerk sind vielfältig, so Monika Fahn vom Bayerischen Kunstgewerbeverein: „Die Wege in den Beruf sind so facettenreich wie die Arbeiten. Es gibt keinen Weg, der dem anderen gleicht, und keiner ist richtig oder falsch.“
Kunsthandwerk: ein Traumberuf
Um mehr über die Menschen hinter den Objekten zu erfahren, haben die Ausstellungsmacher einen Fragebogen mit 20 Fragen entworfen. Gibt es prägende Ereignisse oder Begegnungen? War der Berufsweg vorgezeichnet, weil man in der elterlichen Werkstatt aufgewachsen ist? Welche Rolle spielen die Ausbildungsstätten, Lehrer und Wegbegleiter? Der wichtigste Lehrer für Nicola Heidemann: die Natur. Und für Glasmacher Cornelius Réer: die eigenen Fehler. Denn aus denen lernt man.
Am Schluss haben die Ausstellungsmacher gefragt, ob das Kunsthandwerk ein Traumberuf ist. Die Antwort war eindeutig: ja. Aber – das verschweigt die Ausstellung nicht: Es ist auch ein Beruf mit großen Herausforderungen. Hohes Engagement ist gefordert, man darf nie stehenbleiben und sich auf dem einmal Geleisteten ausruhen, muss sich dem Urteil anderer stellen und verzichtet auf finanzielle Sicherheit.
Reich wird man als Kunsthandwerker eher nicht
Sein Auskommen zu finden ist gerade für Einsteiger wohl die größte Herausforderung, auch dafür gibt es unterschiedliche Lösungen: Manch einer arbeitet konzentriert und zurückgezogen in seiner Werkstatt und verkauft die Arbeiten auf Keramikmärkten, Messen oder in Zusammenarbeit mit Galerien. Andere haben ein Ladengeschäft mit großem Schaufenster, lassen sich beim Arbeiten über die Schulter schauen und suchen den Kontakt zu möglichen Kunden. Hutmacherin Christine Halbig hat zum Beispiel ein Ladengeschäft in der Theatinerstraße, also mitten in der teuren Münchner Innenstadt. Mit ihren Hutkreationen versucht sie, auch neue Kundenkreise zu gewinnen: ein smaragdgrüner Hijab mit einem Mini-Sonnenschirmchen. „Das ist natürlich sehr interessant für Muslima, andere Kundinnen setzen das Kopftuch gern im Cabrio gegen den Wind auf“, erzählt Monika Fahn.