Im Streit um die Rückgabe von NS-Raubkunst hat die Grünen-Politikerin Sanne Kurz der bayerischen Staatsregierung einen Mangel an Tempo vorgeworfen. „Es gibt Fälle, da steht ein gutes Ende ganz nah und andere Bundesländer sind da deutlich weiter. Sie haben aus den gleichen Fällen sehr viel restituiert, wo hier noch nichts passiert ist“, sagte Kurz im Gespräch mit dem BR. Ihre Landtags-Fraktion hat deshalb einen Katalog mit 364 Fragen an das Ministerium von Kunstminister Markus Blume (CSU) geschickt. Erste Informationen zu deren Beantwortung erwartet sie in etwa vier Wochen.
Fehlende Ausstattung und konzentrierte Verantwortung
Die Gründe für das langsame Tempo sieht Kurz selbst in einer mangelnden Ausstattung der zuständigen Stellen. Einen weiteren Grund sieht sie in der Verantwortungsstruktur: „Es liegt auch daran, dass wir ein System haben, in dem die Museen in staatlicher Hand nachgeordnete Behörden sind und eine Person alleine, nämlich der Minister, entscheidet, was zurückgegeben wird und was nicht.“ Würde die Last auf mehrere Personen verteilt, fiele es diesen laut Kurz leichter „zu sagen: Ja, das müssen wir jetzt machen, das ist moralisch geboten“.
Hintergrund: Darum dreht sich der Streit
Vor einigen Monaten waren Vorwürfe laut geworden, laut denen die Bayerische Staatsregierung die Rückgabe von NS-Raubkunst verschleppe. Die „Süddeutsche Zeitung“ hatte berichtet, dass auf einer Liste der Staatsgemäldesammlungen 200 Kunstwerke mit der Farbe Rot klassifiziert seien. Rot stehe für eindeutige NS-Raubkunst. Der zuständige Minister Blume hatte die Vorwürfe zurückgewiesen und ein „Maßnahmenpaket“ angekündigt.
So erklärt das Ministerium sein Vorgehen
Zum Vorwurf, Blume allein entscheide über die Rückgabe der Werke, hieß es in einem Statement seines Ministeriums am Donnerstag gegenüber dem BR, dass den Entscheidungen stets juristische Fach-Einschätzungen vorausgingen. Diese stützten sich auf „Tatsachen der Provenienzforschung“. Daraus gingen Empfehlungen an das Ministerium hervor, das diese bisher stets befolgt habe. In „uneindeutigen“ Fällen spreche sich Minister Markus Blume „für eine Anrufung des Schiedsgerichts NS-Raubgut aus, das künftig ein rechtsförmiges und rechtsverbindliches Verfahren“ böte.
„Klares Bekenntnis zum Thema Restitution“
Bernhard Maaz, bis dahin Generaldirektor der Bayerischen Staatsammlungen, wurde nach den Vorwürfen im Frühjahr freigestellt. Seine Aufgaben übernahm der ehemalige Münchner Kulturreferent Anton Biebl. Dieser bat im Gespräch mit dem Bayerischen Rundfunk am Dienstag indirekt um Geduld. Seit seinem Amtsantritt sei zwar im Hinblick auf die Restitution schon vieles begonnen worden, man habe aber „jetzt nach zwei, drei Monaten noch keine Ergebnisse“. Man habe einen „Strauß“ von Maßnahmen angesetzt, um „Vertrauen zurückzugewinnen“, erste Ergebnisse erwarte er im September.
Einen Mangel an Ausstattung und Unterstützung durch die Staatsregierung sieht Biebl nicht: „Wir haben vom Minister konkret weitere drei Stellen bekommen, eine Million Euro sind für die Provenienzforschung angesetzt worden.“ In der aktuell angespannten Haushaltssituation sei das ein „klares Bekenntnis zum Thema Restitution und Provenienzforschung“.
Zwischen Chaos und Kontrollwahn
Die Süddeutsche Zeitung berichtet (externer Link, möglicherweise Bezahlinhalt) unterdessen über weitere Missstände in den Staatsgemäldesammlungen: Deren Mitarbeiter verzweifelten laut zahlreicher Quellen „an Chaos, Repression und Gleichgültigkeit“. Der Umgang mit den Kunstschätzen sei in kritischen Bereichen fahrlässig. Die Mitarbeiter selbst würden hingegen akribisch überwacht, angebliches Fehlverhalten auf Excel-Listen dokumentiert.
Aus dem MInisterium hieß es hierzu am Donnerstag: „Bitte haben Sie Verständnis, dass die Ergebnisse der internen und externen Untersuchungen, beziehungsweise die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft, abgewartet werden müssen.“