Eine unscheinbare Tür, ein kleines Schild am Eingang. Wer das Münchner Forum für Islam (MFI) betritt, steht in einem hellen Gebetsraum mit türkisfarbenem Teppich. Frauen und Männer beten gemeinsam. An den Wänden hängen Kalligrafien mit den Worten Frieden, Gerechtigkeit, Liebe. „Das MFI ist für mich eine spirituelle Heimat geworden. Es ist eine Möglichkeit, verschiedensten Menschen zu begegnen“, sagt Imam Belmin Mehic.
Rund 200.000 Muslime leben in München. Etwa 60 Gemeinden treffen sich in der Landeshauptstadt. Repräsentative Räume fehlen. Viele Moscheen nutzen unscheinbare Gebäude, sechs mussten wegen hoher Mieten in den vergangenen Jahren schließen. Mehic träumt von einem großen Zentrum mitten in der Stadt. Bislang existiert nur ein Modell.
Tag der offenen Moschee
Im Freistaat leben Schätzungen zufolge etwa 700.000 Muslime. Das sind etwa sechs Prozent der bayerischen Bevölkerung. Viele von ihnen sind schon hier geboren und Teil der Gesellschaft. Um den Dialog zwischen Muslimen und Nicht-Muslimen zu fördern, öffnen am 3. Oktober viele Moscheen ihre Türen.
Penzberg: „Unsere Offenheit ist essenziell“
Wie aus einer Vision wie in München Realität werden kann, zeigt der Ort Penzberg. Zwei Stunden südlich von München steht eine Moschee mit 65 Prozent Glasfläche. Sie gewährt Einblicke, wo früher Mauern die Sicht versperrten. „Wenn wir wollen, dass es in dieser Gesellschaft mehr Vertrauen gibt und weniger Vorurteile, dann ist unsere Offenheit essenziell“, sagt Imam Benjamin Idriz.
Die Gemeinde betete zuvor zehn Jahre in einer Hinterhofmoschee. Grundstück und Baupläne veränderten alles. Heute gilt die Penzberger Moschee als Vorbild für viele. 2019 lobte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier das Gebäude als Beispiel gelungener Integration – auch wenn sich die Penzberger gegen rechtsextreme Hetze wehren müssen.
Schwieriger Weg in Pfaffenhofen
In Pfaffenhofen an der Ilm verlief der Weg schwieriger. Drei Anläufe waren nötig. Es gab Proteste, der Bürgermeister erhielt Morddrohungen. 2015 eröffnete die DITIB-Moschee in Pfaffenhofen. Der moderne Bau bietet Platz für 400 Gläubige.
„Vor zehn Jahren haben wir dieses Bauwerk verwirklichen können“, sagt Recep Bal, Vorsitzender der Gemeinde. Fast alle Baukosten trugen Mitglieder selbst. Heute ist die Moschee schuldenfrei. Besucher kommen regelmäßig, darunter Schulklassen, Vereinsgruppen und Vertreter der Kirchen. Aus einem Konflikt ist ein Ort des Zusammenhalts geworden.
Moschee in alter Küchenfabrik in Nürnberg
In Nürnberg gründeten Studierende 1985 die Islamische Gemeinde. Sie kauften eine alte Küchenfabrik und bauten sie um. Dort leitet Hala Hammoud seit mehr als 30 Jahren eine Arabisch-Schule. Als Kind kam sie aus Palästina nach Deutschland. Seit mehr als 30 Jahren engagiert sie sich in der Gemeinde. Die Muslima organisiert Gesprächskreise und begleitet Frauen zu Behörden oder Arztterminen. „Ich fühle mich in einer Moschee wohler als zu Hause“, sagt sie. Der Frauenbereich umfasst eine Bibliothek und einen Gemeinschaftsraum. Für viele Frauen ist der Ort ein zweites Wohnzimmer, in dem sie Unterstützung und Gemeinschaft finden.
Die Gemeinde stößt jedoch auch an Grenzen. Platzmangel erschwert Veranstaltungen, und auch muslimische Beerdigungen sind ein Problem: „Früher wurden viele Verstorbene ins Heimatland überführt, heute bleiben fast alle hier. Doch die Plätze werden knapp“, sagt Hammoud.
Feldmoching: Jugendarbeit prägt die Gemeinde
Am nördlichen Stadtrand Münchens in Feldmoching liegt die Ahibba-Moschee. Sie entstand aus einem Jugendprojekt, das junge Menschen „weg von der Straße“ holen sollte, wie Abdelfattah Chabaane erzählt. Heute prägt dieser Gedanke die Arbeit der Gemeinde. Jugendliche geben Nachhilfe, betreuen die Social-Media-Kanäle und organisieren Veranstaltungen.
Ahibba bedeutet „die sich Liebenden“. Der Name spiegelt das Selbstverständnis wider: Gemeinschaft schaffen und Verantwortung übernehmen. Sichtbar wurde das beim Opferfest im Münchner Westpark, zu dem die Gemeinde alle einlud. Hunderte kamen, Muslime wie Nicht-Muslime. „Wir wollen präsent sein und wir wollen unsere Türen und Toren offenhalten“, sagt Chabaane.
Vom Hinterhof zu repräsentativen Räumen: Moscheen als Spiegel des Wandels
Bayern zählt rund 400 Moscheen, Deutschland 2.600. Viele sind unauffällig, einige setzen architektonische Zeichen. Der Religionswissenschaftler Martin Baumann beschreibt die Entwicklung so: Die erste Generation betete in Kellern und Hinterhöfen. Die zweite und dritte Generation fordert würdige, repräsentative Räume als Zeichen der Zugehörigkeit.
Von Münchens improvisierten Gebetsräumen bis zu Penzbergs gläserner Moschee, von Pfaffenhofens umkämpftem Bau bis zu Nürnbergs Frauenräumen und Münchens Jugendzentrum zeigt sich: Moscheen in Bayern sind Teil der Gesellschaft. Ihr Platz im Stadtbild wächst, in den Köpfen ebenso.