Ärzte müssen nicht persönlich für Schäden haften, die bis April 2023 nach einer Impfung gegen das Coronavirus entstanden sind. Das hat der Bundesgerichtshof entschieden. Mit Schadensersatzforderungen könnten sich Patientinnen oder Patienten nur an den Staat wenden, so die Entscheidung des Gerichts.
Klage eines Patienten auf 800.000 Euro Schmerzensgeld
Anlass war die konkrete Klage eines Patienten gegen eine Ärztin, weil er kurz nach einer Impfung gegen das Coronavirus Ende 2021 eine schwere Herzerkrankung erlitten habe. Seiner Ansicht nach war die Impfung fehlerhaft verabreicht und er selbst nicht genügend aufgeklärt worden.
Aufgrund der Folgeschäden sei er nicht mehr in der Lage, seiner Arbeit nachzugehen. Außerdem sei er psychisch stark beeinträchtigt. Er forderte unter anderem Schmerzensgeld von mindestens 800.000 Euro.
BGH: Schadensersatzklagen nur an den Staat richten
Die Klage war schon in den Vorinstanzen gescheitert, denn sowohl das Landgericht Dortmund als auch das Oberlandesgericht Hamm hatten entschieden, die Ärztin habe mit der Impfung ein öffentliches Amt ausgeübt und deshalb haftungsrechtlich als Beamtin gehandelt. Daher müsse sie nicht persönlich für einen möglichen Impfschaden haften, sondern der Staat.
Der BGH schließt sich diesen Entscheidungen nun an. Die Verantwortung für etwaige Aufklärungs- oder Behandlungsfehler bei der Corona-Schutzimpfung treffe grundsätzlich den Staat, urteilte der dritte Zivilsenat in Karlsruhe. Entsprechende Klagen von Geschädigten müssten sich demnach gegen Bund oder Länder richten – nicht aber gegen die impfenden Ärztinnen und Ärzte persönlich. Es bestehe die sogenannte „Amtshaftung“. Die Revision des Klägers wurde zurückgewiesen. (Az. III ZR 180/24)
Staat haftet nicht nur für Beamte
Amtshaftung bedeutet laut Grundgesetz, dass der Staat nicht nur für Richter, Polizistinnen, Lehrer und andere Mitarbeitende des Öffentlichen Dienstes haftet, wenn sie im Dienst Fehler machen, sondern unter Umständen auch für Privatpersonen, die er mit einer Aufgabe betraut. Eben zum Beispiel bei einer Impfung.
Die Klägerseite hatte argumentiert, dass private Ärzte sich im Einzelfall ja auch gegen eine Impfung entscheiden konnten, wenn sie Risiken bei den Patienten sahen. Sie seien kein „Werkzeug“ des Staates gewesen und müssten deswegen auch selbst für eventuelle Schadensfälle haften.
Der Anwalt der beklagten Ärztin hatte entgegnet, dass es während der Corona-Jahre ein großes gesellschaftliches Interesse an einer hohen Impfquote gegeben habe. Deshalb habe es möglichst viele impfende Ärzte gebraucht. Darum müsse die gesamte Gesellschaft für etwaige Schäden aufkommen – also der Staat.
Patientenschützer fordern unbürokratische Lösung für Geschädigte
Die Deutsche Stiftung Patientenschutz forderte nach dem Urteil das Bundesgesundheitsministerium auf, Geschädigten eine möglichst unbürokratische Lösung anzubieten. Denkbar wäre, dass Opfer von Behandlungsfehlern sich an die zuständige Krankenkasse oder Landesärztekammer wenden.
„Beide Institutionen prüfen dann den Sachverhalt und geben eine gutachterliche Stellungnahme ab“, so Eugen Brysch von der Stiftung Patientenschutz. „Wenn hier zwischen Impfung und Schädigung ein Zusammenhang festgestellt wird, muss der Staat den Schadenersatz übernehmen.“ So bliebe Betroffenen ein jahrelanger und kräftezehrender Rechtsstreit erspart.
Mit Informationen von dpa und epd