„Humor ist keine Stimmung, sondern eine Weltanschauung“, war dem diesjährigen Programmheft der Bayreuther Festspiele zu den „Meistersingern von Nürnberg“ zu entnehmen: ein Ausspruch des österreichischen Philosophen Ludwig Wittgenstein. Damit war die Tonlage gesetzt, Regisseur Matthias Davids und sein Team wollen Richard Wagners vieldeutige Satire auf mittelalterliche Handwerksmeister, die geradezu besessen sind von überkommenen Regeln und Gebräuchen, vor allem als heitere Komödie auf die Bühne bringen.
Klappsitze für die Meistersinger
Die heikle Rezeptionsgeschichte des Musikdramas – dort wird eine Überlegenheit der deutschen Kultur gegenüber der „welschen“ behauptet, das Stück steht bei Kritikern auch unter Antisemitismus-Verdacht – interessiert Davids weniger. Erklärtermaßen will er die „Meistersinger“ so witzig und kurzweilig wie möglich auf die Bühne bringen, ist er doch Leiter der Musicalsparte am Landestheater Linz und somit bestens vertraut mit mehrheitsfähiger Unterhaltung. Er selbst spielte bereits die Titelrolle in „Jesus Christ Superstar“ und war für zahlreiche Musical-Erfolgsproduktionen verantwortlich.
Gemessen daran war zumindest der erste Akt unspektakulär, auch wegen des eher nüchternen Bühnenbilds von Andrew D. Edwards. Er hatte eine Pyramide in Holzoptik entworfen, die als Sinnbild der Nürnberger Katharinenkirche zu verstehen ist. Klappsitze und ein spärliches Büfett stehen dort für den ersten Auftritt der Meistersinger bereit.
Lederhosen in „Nürnberg“
Nahezu regungslos verfolgten die Premierengäste das Geschehen. Lacher blieben aus, selbst an den wenigen Stellen, wo sie eigentlich „üblich“ sind. Kostümbildnerin Susanne Hubrich hatte karikaturenhafte Outfits für die Meistersinger entworfen: Sie tragen unterschiedliche „Narrenkappen“ und Versatzstücke aus allen möglichen historischen Epochen vom Barock bis in die 1920er Jahre.
Die „Nürnberger“ Bürgerschaft hat in dieser Inszenierung ein besonderes Faible für Lederhosen und Trachtenattribute, ein Hinweis darauf, das Davids das Geschehen auch als Persiflage auf „bodenständige“ Folklore aller Art verstanden wissen will, was in der Festwiesen-Szene zum Finale besonders zum Tragen kommt. Die Frage ist, wie sehr Klamauk auf dem Grünen Hügel ankommt – beantwortet sie nach sechseinhalb Stunden, denn so viel Zeit nimmt die Premiere, einschließlich Pausen in Anspruch.
Zuschauer suchten beim Vorspiel noch ihre Plätze
Der Applaus war auch ohne demonstrative Lachsalven zunächst freundlich, denn die Solisten, allen voran Bayreuth-„Urgestein“ und Publikumsliebling Georg Zeppenfeld als Hans Sachs, überzeugten mit ihrer Wortverständlichkeit und ihrer geradezu lässigen Unaufgeregtheit.
Begonnen hatte die Premiere etwas „überstürzt“: Während Dirigent Daniele Gatti bereits das Vorspiel beginnen ließ, suchten zahlreiche Zuschauer in der Dunkelheit noch ihre Sitzplätze, was andere wiederum erbost zischen ließ.