Gesellschaftskritik und Fabelwesen
Wie gut sich Gesellschaftskritik und Fabelwesen vertragen, zeigt auch „Die Legende von Ochi“. Während der Einhorn-Film auf schwarzen Humor und Suspense setzt, sind es bei den Ochis Pathos und Bildgewalt.
Aber Achtung: Zwar wird der Film für Kinder ab sechs Jahren vermarktet, in Wahrheit ist er aber ein verstörendes Märchen für Erwachsene. Bisher hat Isaiah Saxon Kurzfilme und Musikvideos gedreht, darunter für Björk. Nun hat sich der von „E.T.“ geprägte Regisseur mit Puppenspielern zusammengetan, die Handgemachtes besser finden als computergenerierte Effekte. Mit ihren Kulleraugen sehen die titelgebenden Ochis „E. T.“ sogar ähnlich – zumindest so lang sie klein sind. Ausgewachsen erinnern sie eher an Riesenaffen mit Fangzähnen.
Weil sie den Dorfbewohnern Angst einjagen, machen diese Jagd auf die Ochis. Ein Trapper (Willem Dafoe) schart ein paar Halbstarke mit Gewehren um sich. Eines Nachts umzingeln sie eine Herde und zünden die Bäume an, auf die sich die Tiere flüchten. Zwar können sie doch noch entkommen, aber ein Baby-Ochi bleibt verletzt zurück.
Die Tochter des Fallenlegers (Helena Zengel, bekannt aus „Systemsprenger“) findet das Baby-Ochi und beginnt zu zweifeln: Ist dieses kleine Wesen wirklich „ein Ungeheuer, in dessen Augen der Teufel tanzt“ – wie ihr Vater behauptet? Hatte ihre Mutter (Emily Watson) Recht, als sie ihn und die Familie verließ? Und was passiert, wenn sie das kleine Ochi zurück nach Hause bringt, dorthin, wo die wilden Ochis wohnen?
Als hätte sich ein Eichhörnchen mit einem U-Boot gepaart
„Death of a Unicorn“ ist ein Plädoyer gegen Profitmaximierung auf Kosten der Natur. „Die Legende von Ochi“ eines gegen Othering: Die vermeintlichen Monster sind gar nicht so „anders“ und „fremd“ – auch wenn sie gern Käfer essen und ihre Sprache klingt, als hätte sich ein Eichhörnchen mit einem U-Boot gepaart.
Ein Trend im Jahr 2025: Auch im Film „Mickey 17“ sind die Monster nicht das, was sie zu sein scheinen. Und im Netflix-Anime-Hit „Devil May Cry“ dämonisieren Menschen Dämonen – die eigentlich gar nicht böse sind. Immer wieder halten die Fabelwesen dem Menschen den Spiegel vor: Sie erinnern ihn an seine eigene Monstrosität.