Vom risikofreudigen Jagdpilot bis hin zum SS-Mitglied
Was damit konkret gemeint war, wird in den folgenden Absätzen deutlich. Hier werden Beispiele für Menschen aufgeführt, die sich angeblich als Beispiele besagter „Exzellenz“ eignen: Zum Beispiel Hans Röttiger, Generalsstabschef einer Panzerarmee im Vernichtungsfeldzug gegen die Sowjetunion, ausgezeichnet mit dem von Hitler gestifteten „Goldenen Kreuz“.
Oder Erich Hartmann, als risikofreudiger Jagdpilot ein Held der NS-Propaganda. Im Schreiben des Verteidigungsministeriums werden seine Verdienste minutiös aufgelistet, mit seinen 352 „Luftsiegen“ (in anderen Worten: Abschüssen von Piloten der Alliierten), sei er der „erfolgreichste Jagdflieger der Militärluftfahrt“.
Ein weiterer Name: Erich Topp, U-Boot-Kommandant. Er trat 1933 in die NSDAP ein und war bereits ab 1934 Mitglied der Allgemeine-SS. Im Dokument steht, er habe sich nach Kriegsende „sehr kritisch mit der eigenen Vita sowie der Rolle der Kriegsmarine im Zweiten Weltkrieg“ auseinandergesetzt. Das sollte in Zukunft offenbar reichen.
Militärische Exzellenz – losgelöst vom Kontext?
Kann man militärische Leistungen von Menschen unabhängig vom System betrachten, für das sie erbracht wurden? Unabhängig von der Brutalität ihres übergeordneten Feldzugs, jahrelanger Besatzung, Aushungerung, Deportationen und Kriegsverbrechen?
Die Geschichtsprofessorin und Wehrmachts-Expertin Tatjana Tönsmeyer von der Universität Wuppertal hat hier Einwände: „Was hier eigentlich passiert, ist eine Entkontextualisierung. Und Entkontextualisierung heißt Enthistorisierung“, sagt sie gegenüber dem BR. Wenn man behaupte, dass jemand im Krieg große Leistungen erbracht habe, könne man diese nicht isoliert betrachten: „Wenn ich zum Beispiel sage, dass jemand ein hervorragender Bomber-Pilot war, muss ich auch fragen: Was hat er denn bombardiert? Warschau? Rotterdam? Belgrad?“
„Ehrenrettung der Wehrmacht“
Bei der Bundespressekonferenz am Montag hatte Oberst und Bundeswehr-Sprecher Arne Collatz das Papier und die darin auftauchenden Figuren, die nach der Wehrmacht Karriere bei der Bundeswehr gemacht hatten, noch verteidigt. Er verwies auf den „Personalgutachterausschuss“, der in den 50er-Jahren die Eignung künftiger Bundeswehr-Mitglieder prüfte. Durch die Prüfung hätten nur „verlässliche, in der Demokratie gefestigte Menschen“ beitreten können.
Historikerin Tönsmeyer meint, dass in der frühen Nachkriegszeit andere Maßstäbe gegolten hätten: wie die Wehrmacht etwa sowjetische Kriegsgefangene behandelt hatte, die millionenfach starben, oder wie sie im „Partisanenkrieg“ die Zivilbevölkerung terrorisierte. „Das galt damals als kriegsnotwendig“, sagt sie. Die Rolle der Wehrmacht sei zu Zeiten des Personalgutachterausschusses bei Weitem nicht ausreichend erforscht gewesen.
Auch Geschichts-Professor Jürgen Zimmerer hatte im Gespräch mit dem BR am Mittwochvormittag nur wenig Verständnis für die Ergänzungen. Er bezeichnete sie als „Ehrenrettung der Wehrmacht“, einen Rückschritt nach der mühsamen Aufarbeitung in den 90er-Jahren: „Bis vor Kurzem hat man gesagt: Die Bundeswehr hat braune Wurzeln, die müssen wir aufarbeiten. Und nun sagt man: Die Beteiligung am Aufbau der Bundeswehr und eine angebliche ‚Exzellenz‘ wäscht die braune Farbe der Bundeswehroffiziere, die aus der Wehrmacht kamen, sozusagen ab.“
Das Einlenken des Verteidigungsministeriums erklärte Pressesprecher Collatz am Mittwoch dann schließlich so: Erst die Debatte habe „dazu geführt, dass wir uns noch mal die Formulierungen angeschaut haben und sie vom Markt nehmen.“