Über die Schaffung einer Einrichtung, die die Erinnerung an die Verbrechen des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) wach halten, an seine Opfer erinnern und den rechtsextremen NSU-Komplex aufarbeiten soll, wird auf Bundesebene schon länger diskutiert; konkret wurde es unter der Ampel-Regierung aber nicht. Auch in Nürnberg hegten die Verantwortlichen bereits seit geraumer Zeit Pläne für einen Ort des Gedenkens und der Aufklärung. Dass das neue NSU-Dokuzentrum nun in die Frankenmetropole kommen soll, darüber freuen sie sich im Rathaus. Kulturreferentin Julia Lehner (CSU) sagte dem BR, man sei „positiv überrascht“ über die Nachricht gewesen.
Lange Zeit sei über ein solches Dokuzentrum diskutiert worden, Städte wie München oder Berlin hatten ihren Hut dabei ebenfalls in den Ring geworfen. Dass es nun Nürnberg wurde, daran habe – so Lehner – Ministerpräsident Markus Söder (CSU) großen Anteil, der sich im Rahmen der Koalitionsverhandlungen stark für seine Heimatstadt eingesetzt habe.
Aufklärung und politische Bildung
Geplant sei nun ein Ort der Erinnerung, aber auch der Aufklärung. Es gehe unter anderem darum, das Versagen des Staates aufzuarbeiten und einen Ort der demokratischen Bildung sowie des Dialogs zu schaffen. „Wie konnte es dazu kommen, dass die Täter nicht gefasst wurden?“ sei eine der Fragen, die beantwortet werden sollen. Das Versagen des Staates müsse aufzeigt werden, um Beispiele zu geben, was man in Zukunft verhindern könne.
„Es geht um demokratische Bildung, letzten Endes um die Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus, der in vielen Fällen verdeckt ist.“ Außerdem gehe es darum, Foren zu schaffen, Bildungsangebote zu machen, „um eine Diskussion permanent darüber zu führen, wie wachsam müssen wir sein?“, so Lehner weiter. Auf der anderen Seite müssten auch neue Generationen mit in den Dialog aufgenommen werden.
Wichtiger Baustein der Erinnerungskultur
Das Zentrum sei ein wichtiger Baustein in der Erinnerungskultur der Stadt, sagte Lehner. Als Stadt der Reichsparteitage sei Nürnberg dazu verpflichtet, sich als NS-„Täterort“ immer wieder aufs Neue zu definieren, um Menschen zu informieren und demokratische Bildung zu vermitteln.
Möglicherweise könnte das neue NSU-Dokuzentrum an das Memorium Nürnberger Prozesse rund um den Saal 600 angebaut werden. Ein genauer Standort stehe aber noch nicht fest, so Lehner. Finanziert werden soll das Projekt über eine Stiftung des Bundes. Auch hier stehen die Planungen noch am Anfang.
NSU ermordete zehn Menschen – drei davon in Nürnberg
Zwischen 2000 und 2007 ermordete der „Nationalsozialistische Untergrund“ zehn Menschen: acht türkischstämmige und einen griechischstämmigen Kleinunternehmer sowie eine deutsche Polizistin.
Drei der Opfer erschossen die Terroristen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt in Nürnberg: den Blumenhändler Enver Şimşek, den Imbissbesitzer İsmail Yaşar und den Schneider Abdurrahim Özüdoǧru. Heute erinnern ein Park und zwei Plätze in der Stadt an die drei Familienväter.