Das Kunstmagazin „Monopol“ hat die österreichische Choreographin und Performance-Künstlerin Florentina Holzinger zur einflussreichsten Künstlerin des Jahres gekürt. „Ihr Werk hat eine visuelle und emotionale Wucht, die niemanden kaltlässt und die im Kunstbetrieb in ihrer Konsequenz gerade ihresgleichen sucht“, urteilt das Magazin in seiner Dezember-Ausgabe, die am Freitag erscheint.
„Sie denkt größer und freier“
Holzinger, die schon mehrfach an der Berliner Volksbühne inszeniert hat („Ophelia’s Got Talent“), ist bekannt für ihre spektakulären Bühnenstücke. „Sie denkt größer und freier, als es viele im klassischen Kunstbetrieb tun, und zeigt keinerlei Furcht vor Pathos und Spektakel“, schreibt „Monopol“ in der Begründung.
Für Aufsehen hatte zuletzt Holzingers Opernperformance „Sancta“ in Stuttgart gesorgt. Das Haus selbst hatte im Vorfeld auf seiner Homepage gewarnt, die Aufführung der skandalumwitterten österreichischen Aktionskünstlerin zeige explizite sexuelle Handlungen sowie Darstellungen und Beschreibungen auch von sexueller Gewalt. Auch seien echtes Blut sowie Kunstblut, Piercingvorgänge und eine Verwundung zu sehen.
Rund um die ersten beiden Vorstellungen von Florentina Holzingers „Sancta“ habe sich der Besucherservice um insgesamt 18 Menschen gekümmert, die zum Teil über Übelkeit geklagt hätten, sagte der Sprecher der Stuttgarter Staatsoper.
Paris und Yael Bartana weit oben
Auf dem zweiten Platz der Rangliste steht keine Person, sondern eine Stadt: Paris. Die französische Hauptstadt sei etwa durch private Sammlungen, hochkarätige Museumsausstellungen und die Kunstmesse „Art Basel Paris“ ins Zentrum des Interesses der Kunstwelt gerückt: „Die Kunstwelt hat eine alte neue europäische Hauptstadt.“
Auf dem dritten Platz landet die israelische Künstlerin Yael Bartana, die in diesem Jahr im Deutschen Pavillon auf der Kunstbiennale in Venedig ausgestellt hat. Sie habe in vielen ihrer großen Filme und Projekte die Fähigkeit bewiesen, politische Fragen ästhetisch zu stellen und sich einfachen Parolen zu entziehen, heißt es von „Monopol“. Jährlich veröffentlicht das Monopol-Magazin eine Rangliste mit den 100 einflussreichsten Persönlichkeiten der Kunstwelt.
Hito Steyerl und Andrea Lissoni in den Top 20
In den Top 20 der Liste findet sich zudem die gebürtige Münchnerin Hito Steyerl. Sie ist Professorin an der Akademie der Bildenden Künste in München und setzt sich in ihren Arbeiten mit (neuen) Medien, Technologie und der Verbreitung von Bildern auseinander. Das Magazin würdigt insbesondere Steyerls Auseinandersetzung mit dem zunehmenden gesellschaftlichen Rechtsruck. Derzeit sind im Heidelberger Kunstverein frühere Videoarbeiten im Rahmen der Soloschau „Normalität“ zu sehen.
In diesen untersucht die Künstlerin dem Ausstellungskatalog zufolge die unterschiedlichen gesellschaftlichen Dynamiken und Spannungen, die in Folge der deutschen Wiedervereinigung in den 1990er- und frühen 2000er-Jahren einsetzten. Die damaligen politischen Entwicklungen werden in der Ausstellung als einer der Nährböden für den Aufstieg rechter Bewegungen und die Zunahme rechtsextremer Gewalt bis heute betrachtet. Dabei werde in besonderer Weise deutlich, dass Antisemitismus und Rassismus in Deutschland in komplexen historischen Verhältnissen zueinander stehen und immer wieder interagieren. Gegenwärtig spielt in Steyerls Werk das Thema Künstliche Intelligenz eine große Rolle.
Vier Plätze weiter hinten auf Platz 18 findet sich Andrea Lissoni. Er ist seit 2020 der künstlerische Leiter am Münchner Haus der Kunst. Mit Konzerten, Choreographien, Performances habe er das „oft ein bisschen steife Haus der Kunst in München zum Schwingen und Pulsieren“ gebracht, heißt es in der Begründung des Magazins. Zudem habe er immer wieder innovative Künstlerinnen und Künstler eingeladen wie zum Beispiel die kürzlich verstorbene Rebecca Horn, die sich auch auf der Top-100-Liste auf Platz 54 wiederfindet.
Mit Informationen von dpa