Sie haben nur sich: Die Ich-Erzählerin in Sophie Hungers Romandebüt und „Niemand“, ihr Freund. Beide wachsen als Diplomatenkinder auf. Also: Alle paar Jahre eine andere Stadt in Europa, eine neue Schulklasse, beständig die Rolle als Außenseiter.
Musik als Zufluchtsort
Eine Konstante in beider Leben: die Musik. Viele Platten und Songs begleiten sie, auch dank der Leidenschaft der Eltern, von Kindheit an – von Billie Holiday bis Radiohead. „Es ist ihr Zufluchtsort“, sagt die Schweizer Musikerin Sophie Hunger über ihr literarisches Debüt. „Sie fühlen sich da zu Hause. Sie fühlen sich sicher. Sie verstehen die Welt innerhalb der Musik. Außerhalb der Musik ist die Welt ihnen ein Rätsel.“
Hungers namenlos bleibende Erzählerin legt Schallplatte um Schallplatte auf, ergründet die mit ihnen verbundenen Welten. Sie lernt diverse Instrumente, schreibt erste Songs. Schließlich spielt sie ihr erstes ganz großes Konzert in einem Pariser Konzertsaal.
Ein existentieller Verlust
„Niemand“ begleitet sie auf ihrem Weg, bei dieser Selbstermächtigung in der Kunst. Als sie in der französischen Hauptstadt auf der Bühne steht, verschwindet er, für immer, aus ihrem Leben. Diese existenzielle Leerstelle ist von Anfang an spürbar in „Walzer für Niemand“. Sophie Hungers Roman entfaltet die Geschichte auf mehreren Ebenen: hier die Musik, da der Weg in die Welt und das Erwachsenwerden, dort schließlich das Paar, das einander verliert.
Die Erzählerin im Roman ist nicht Sophie Hunger. Trotzdem teilt sie einiges mit der Biographie der Schweizer Musikerin. Ihre Songs gehören auch zu denen, die die Figuren entdecken, hören und zitieren. Und viele der Roman-Kapitel sind nach Songs von Sophie Hunger benannt, etwa „Bad Medication“ oder „Halluzinationen“.