Was die Neuerwerbung gekostet hat, bleibt geheim. „Über den Kaufpreis, wie das üblich ist, schweigen wir uns aus“, sagt der bayerische Kunstminister Markus Blume (CSU) in der Alten Pinakothek in München und fügt mit einem Augenzwinkern hinzu: „Aber günstig war’s nicht.“ Der Generalsekretär der Ernst von Siemens Kunststiftung, Martin Hoernes, schildert, vor zwei, drei Jahren sei der Ankauf des Bildes noch völlig unmöglich erschienen: „Damals waren noch ein paar mehr Zahlen vor den vielen Nullen. Wir wussten, das ist nicht zu schaffen.“
Nun hat es doch geklappt: Dank der Unterstützung gleich mehrerer Geldgeber haben die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen eines der letzten noch in Privatbesitz befindlichen Gemälde des Renaissance-Malers Hans Baldung, genannt Grien (1484/85-1544), gekauft: „Maria als Himmelskönigin“, entstanden wohl um 1516/1518.
„Einer der begabtesten Schüler von Dürer“
Kunstminister Blume spricht bei der Vorstellung der Neuerwerbung von einem „uneingeschränkten Freudentag“, in München ziehe mit „Maria als Himmelskönigin“ in gewisser Weise „himmlischer Beistand“ ein. „Ich freue mich sehr, dass wir heute das Werk eines der begabtesten Schüler von Albrecht Dürer, namentlich Hans Baldung Grien, selbst ja ein herausragender Maler der Renaissance, hier in seiner neuen Heimat willkommen heißen dürfen“, sagt Blume.
Mit Blick auf die Raubkunst-Debatten der vergangenen Monate stellt der Kunstminister klar, dass die Provenienz des Werks abschließend geklärt sei: „Alles auf Grün.“ Nach Angaben der Staatsgemäldesammlungen hatte das Bild einem jüdischen Sammler gehört, der nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 samt seiner Sammlung in die Schweiz zog. Nach seinem Tod 1977 wurde das Werk versteigert. Zunächst befand es sich in einer deutschen Privatsammlung, anschließend in amerikanischem Besitz.
„Unglaublich hohe malerische Qualität“
Grien sei mit Sicherheit „einer der bedeutendsten, zugleich auch originellsten und stilistisch eigenwilligsten Künstler der Renaissance nördlich der Alpen“, erläutert Gabriel Dette, Sammlungsleiter für Altdeutsche und Altniederländische Malerei an der Alten Pinakothek. „Maria als Himmelskönigin“ sei ein kleinformatiges Andachtsbild von unglaublich hoher malerischer Qualität und leuchtenden, „wunderbar aufeinander abgestimmte Farben“.
Maria sei als himmlische Königin in ihrer ganzen Majestät dargestellt, gleichzeitig aber auch als demutsvolle und liebevoller Mutter, schildert Dette. Typisch für Werke Baldungs sei ein „doppelter Boden“, viele Nuancen könne man erst auf den zweiten, dritten oder vierten Blick erkennen. Der helle Bereich hinter der Krone beispielsweise wirke auf den ersten Blick wie ein Heiligenschein. Bei genauerer Betrachtung erkenne man aber eine kosmische Himmelserscheinung.
Die Holztafel ist 35 mal 25,5 Zentimeter groß und wird vom 5. Juni an im Rahmen der Sammlungspräsentation „Wie Bilder erzählen. Storytelling von Albrecht Altdorfer bis Peter Paul Rubens“ im Erdgeschoss der Alten Pinakothek zu sehen sein.
Neuer Partner für die Pinakotheken
Ein Ankauf „dieser Qualität und Güte“ für die Alte Pinakothek sei ein „Wunder“, schwärmt Sammlungsleiter Dette. Ein solches Werk überhaupt auf dem Kunstmarkt zu finden und dann auch noch finanzieren zu können, sei „eigentlich ausgeschlossen“.
Möglich wurde der Ankauf durch einen neuen Unterstützer: Erstmals förderte die Pesl-Stiftung Bayern eine Neuerwerbung der Staatsgemäldesammlungen. Zweck der Stiftung ist, den Ankauf von Kunstwerken aus der Zeit bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts zu fördern.
Der Interimsleiter der Staatsgemäldesammlungen, Anton Biebl, kündigt eine dauerhafte Zusammenarbeit mit der Pesl-Stiftung an. „Ich sehe sie an der Seite der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen.“ Die Partnerschaft werde es ermöglichen, eine Werbungsstrategie zu entwickeln „und die weltberühmte Sammlung auf ein noch höheres Niveau zu verdichten“. Unterstützt haben den Ankauf darüber hinaus auch die Ernst von Siemens Kunststiftung und der Pinakotheks-Verein.